Editorial
In seiner Schrift «Werk und Wiedergabe» von 1929 schimpfte Hans Pfitzner gegen gewissenlose «Spielleiter», die den Geist der «Meisterwerke» verfälschen würden. Es gebe eine klare Hierarchie zwischen schaffenden und nachschaffenden Künstlern; ein «schöpferischer Interpret» sei ein Widerspruch in sich selbst. Das Schlagwort hieß damals «Klassikertod».
Einige Jahre vorher hatte Max Reinhardt etwas ganz anderes gefordert: Man müsse die alten Stücke «mit derselben Frische und Unbekümmertheit anpacken, wie wenn es neue Stücke wären, man muss sie aus dem Geiste unserer Zeit begreifen, mit den Mitteln des Theaters von heute». Die Debatte ist so alt, wie es Regie im modernen Sinn gibt. Und manchmal, wie jetzt, wo der Schriftsteller Daniel Kehlmann die Salzburger Festspiele mit einer Polemik gegen das sogenannte Regietheater eröffnete, scheint es, als sei sie über die alten Gräben kaum hinausgekommen.
Max Reinhardt traf den Kern. Weil es (damals wie heute) um den «Geist unserer Zeit» geht, kochen die Emotionen. Diskutiert wird weniger Ästhetisches als Grundsätzliches: Vertrauen, Willkür, Treue, Egomanie, Liebe. Was Respekt und
Respektlosigkeit gegenüber den «Meisterwerken» betrifft, ist die ...
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Opernwelt September/Oktober 2009
Rubrik: Editorial, Seite 1
von Stephan Mösch,Albrecht Thiemann
Nun öffne sich der Himmel, und ihrem Sehnen erstrahle das Licht der Ewigkeit», schwärmt Hans Castorp, als er einer Grammophonplatte mit dem Finalduett aus Verdis «Aida» lauscht. Was Thomas Mann seinem «Zauberberg»-Lehrling vor 85 Jahren in den Mund legte, hat der britische Regie-Routinier Graham Vick auf der Bregenzer Seebühne nun wörtlich ins Bild gesetzt: In...
Il grande cacciatore. Irgendwie erinnert die stete Jagd Giacomo Puccinis (der im Übrigen auch echtes Wild mit großer Begeisterung erlegte) nach Frauenliebe an Max Frischs Schauspiel «Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie», in dem der Titelheld an der Einsicht reift, wirkliche Erfüllung im realen Leben nicht finden zu können, und sich deswegen in die Geometrie...
Mit einer Aufführung von Donizettis Opera buffa «Viva, la mamma!», in der die Sitten und Unsitten des Theaterbetriebs ins Visier genommen werden, beendeten die ersten sechs Stipendiaten der Liz Mohn Kultur- und Musikstiftung erfolgreich ihre Ausbildung am Opernstudio der Staatsoper Unter den Linden. Die beiden israelischen Sopranistinnen Gal James und Enas...