Editorial

Was ist eigentlich ein «Traumpaar»? Anna Netrebko und Rolando Villazón sollen eines sein, meint die Plattenfirma, die mit beiden Umsatz machen will. Nachdem eine Open-Air-Tournee der beiden modifiziert werden musste, weil Villazón sich vorher übernommen hatte und mehrere Monate gar nicht singt, wird auch für den naiven Klassikfreund deutlich, was für ein enormer Vermarktungsdruck hinter einem scheinbar so harmlosen Begriff wie «Traumpaar» steckt. Auch Netrebko war gesundheitlich angeschlagen, hatte Auftritte vor der Tournee abgesagt.

Klar: Auf zwei Konzerte in Salzburg lässt sich leichter verzichten als auf die Masseneinnahmen von Massenveranstaltungen. PR-Strategen bringt so etwas natürlich nicht in Verlegenheit: «Drei ­Tenöre für Anna Netrebko» hieß flugs der neue Slogan, weil es keinen Villazón-Ersatz gab, der an allen Terminen frei war.
Der Begriff vom «Traumpaar» geht über künstlerische Leis­tungen hinaus. Er suggeriert eine private Vertrautheit, die im Fall von Netrebko und Villazón reine Marketing-Konstruktion ist. Bei Angela Gheorghiu und Roberto Alagna war die Implikation eine Zeit lang gedeckt. Aber dieses Duo zeigt auch, wie schnell Partnerschaften für die Klassik-Kasse ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt September/Oktober 2007
Rubrik: Editorial, Seite 1
von Stephan Mösch

Vergriffen
Weitere Beiträge
Rotkäppchen, Aschenputtel und de erste Liebe

Mit Kinder- und Jugendoper neues ­Publikum für das Musiktheater zu gewinnen, ist manchen Häusern bereits eine eigene Programmschiene wert. In München haben solche Aufführungen noch Seltenheitswert. Doch jetzt versuchten sich sowohl das Gärtnerplatz­theater wie die Staatsoper, aber auch (erneut) das Festival für Neue Musik «ADEvantgarde» auf diesem Gebiet: Eine...

Zwischen Travestie und Ernst

Die Salzburger Festspiele haben im Mozartjahr 2006 alle 22 Mozart-Opern szenisch präsentiert. Alle Produktionen sind inzwischen auch als DVD erhältlich (siehe OW 2/2007). Die globale Distribution selbst der Jugendwerke und Fragmente kann freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Mozart-Kanon in den letzten beiden Jahrzehnten kaum verbreitert hat. Gewiss,...

Ein stetiges Hineinwachsen

Es ist gut vier Jahrzehnte her, dass – mit Beginn der Spielzeit 1966/67 – ein junger Bariton die Bühne der Hamburgischen Staatsoper betrat, der aufmerken ließ: mit der schon gefes­tigten Stimme eines Endzwanzigers von bildschönem Timbre, kantabler Qualität und ges­tisch beredter Diktion, dazu mit einem Bühnenausdruck von starker, bisweilen ans Charismatische...