Dramaturgische Feinmechanik
Eugène Scribe war der erfolgreichste Librettist des 19. Jahrhunderts. In der Theatergeschichte ist sein Einfluss allein mit demjenigen Metastasios, des Präzeptors der Opera seria im 18. Jahrhundert, zu vergleichen. Nicht nur Meyerbeers große Opern, Donizettis «Dom Sébastien» oder Verdis «Les Vêpres siciliennes» entstammen seiner Werkstatt, sondern auch – als mehr oder weniger wörtliche Übersetzungen aus dem Französischen – Donizettis «L’elisir d’amore» und Verdis «Un ballo in maschera».
Sogar Richard Wagner folgte dem Pariser Modell, als er seinen fünfaktigen «Rienzi» verfasste.
Schon zu seinen Lebzeiten spottete man über die gleichsam industriellen Fertigungsmethoden von Scribe und seinen Mitarbeitern. Und doch erheischt die eminente theatralische Wirksamkeit und der präzise kalkulierte «suspense» in seinen fast 120 Opern Respekt. Auch deshalb ist es von großem Interesse, einen Blick in seine Werkstatt zu werfen: Zu den meisten seiner Stücke hat Scribe Entwürfe und verworfene Fassungen hinterlassen. Die Forschung hat diese Manuskripte bisher nur zu einem sehr kleinen Teil ausgewertet, abgeschreckt von der extrem schwer zu entziffernden Miniaturschrift Scribes. So können die Mühen ...
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Opernwelt August 2015
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 30
von Anselm Gerhard
Richard Strauss hat seine «Feuersnot» wie einen Steinbruch benutzt. Passagen daraus kehren – eingepasst in andere Zusammenhänge – in «Salome» und «Elektra» wieder, auch Walzerseligkeit und Ensemblekunst des «Rosenkavalier» sind ohne die Vorerfahrung mit dem frühen Einakter undenkbar. Dass das Stück selten gespielt wird, dürfte vor allem mit dem Text zu tun haben...
Man trägt Fell auf dem roten Teppich der Internationalen Maifestspiele. Oscar, der Hund des Intendanten, ist den Besuchern des Hessischen Staatstheaters aus der Lokalpresse bestens bekannt. Uwe Eric Laufenberg eröffnet die Festspiele mit dem Versprechen, «bestmögliche Qualität» zu bieten. Das Bestmögliche an diesem Abend ist eine eingekaufte Produktion: Brittens...
Die diesjährige Operngabe des Mainfranken Theaters zum Würzburger Mozartfest erinnerte zwar weniger an die Musiktheatersphäre Mozarts als an das erst vorsichtig der barocken Repräsentativdramaturgie entwachsende Bühnenschaffen Haydns. Dennoch war es anregend, mit einem einst erfolgreichen Werk des venezianischen Meisters Baldassare Galuppi (1706-1785) Bekanntschaft...