Doppelmoral

Warum man sich um Stuttgarts Opernhaus Sorgen machen muss

Opernwelt - Logo

Oper ist kein Sport. Doch gelten auch in Opernbetrieben selbstverständlich ein paar zivilisatorische Grundregeln, die denen auf einem Bolzplatz vergleichbar sind. Zum Beispiel die, dass es nach einem fetten Foul die rote Karte gibt und dass nicht zwei auf einmal Erster werden können. Eine Besonderheit, die ein Opernhaus von einem Fußballverein unterscheidet, ist die strukturelle Dichotomie der Doppelspitze, die erstens einen Intendanten und zweitens einen Generalmusikdirektor vorsieht.

Verwaltungstechnisch kann der eine dem anderen vorgesetzt sein, von der Sache her sind sie gleichberechtigt und quasi natürliche Feinde. In dieser Personalkonstellation spiegelt sich nämlich jene Dichotomie zwischen Bühne und Graben, die auch jedem halbwegs gelungenen Gesamtkunstwerk innewohnt, der Widerspruch also zwischen Zeit und Raum, Vernunft und Gefühl, Wort und Musik, Handlung und Gesang, wie ihn schon Oskar Bie als einen «Grundwiderspruch» der Gattung definiert hatte.
Kein Dirigent wird also je Gefallen daran finden, dass seine Sänger auf der Bühne herumhüpfen wie junge Zicklein, Kopfstand machen oder auch nur mal nach hinten in die Gasse singen. Kein Regisseur wird je damit zufrieden sein, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Jahrbuch 2009
Rubrik: Ärgernis des jahres, Seite 56
von Elenore Brüning

Vergriffen
Weitere Beiträge
«Weißt du, was du sah’st?»

Die Kunst ist bestimmt zu beunruhigen; die Wissenschaft macht ­sicher», formulierte einst Georges Braque im Hinblick auf die kubistische Malerei. Ähnliches gilt auch für die Erläuterung eines Theatererlebnisses: Während die Versprachlichung etwas rational sicherstellen kann, ist die eigentliche Erfahrung eine sinnliche Beunruhigung. Was können wir – Kunst...

«Entweder man hat’s oder man hat’s nicht»

Herr van Dam, 2010 werden Sie sich nach einem halben Jahrhundert von der Opernbühne verabschieden. Wollten Sie eigentlich jemals etwas anderes werden als Sänger?
Nie, für mich war dieser Weg immer selbstverständlich. Das hat sicher damit zu tun, dass ich schon als Kind aufgetreten bin – ich war immer Solist. Ein Freund meiner Eltern brachte mich zu einem...

«Wir wollen die Nummer eins werden»

Musiker, vor allem Kammermusiker, behaupten gern, sie wüssten bereits nach wenigen Takten der ersten gemeinsamen Probe, ob die Chemie zwischen ihnen stimmt. Wie ist das zwischen
einem Intendanten und einem Dirigenten?
Markus Stenz: Es ist vielleicht etwas kurios, aber Katharina Thalbach, die wir beide gut kennen und schätzen, hat von Anfang an geradezu rührend...