«Die wirklich großen Künstler sind völlig normal»

Seit vierunddreißig Jahren singt Wolfgang Schöne an der Staatsoper Stuttgart. Zweiunddreißig Jahre ist er dem Haus als Ensemblemitglied treu geblieben. 1978 wurde er zum Kammersänger ernannt. Im März 2005 verabschiedete Intendant Klaus Zehelein den Bariton in den Ruhestand. In diesem gibt es für den international gefragten Sänger viel zu tun, nicht nur als Amfortas und Hans Sachs, zwei seiner Lieblingspartien. Im folgenden Gespräch äußert sich Wolfgang Schöne mit bemerkenswerter Offenheit über die Zukunft des Ensembletheaters, über Sängerkollegen als Vorbilder, Veränderungen der Opernszene und die Frage, was eine Stimme über Jahrzehnte hinweg frisch hält.

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Herr Schöne, im März sind Sie nach einer Vorstellung als Kurwenal im «Tristan» nach zweiunddreißig Jahren im Ensemble der Staatsoper Stuttgart verabschiedet worden: Hier gilt die gesetzliche Altersgrenze. Sie werden in Zukunft zwar gelegentlich in Stuttgart singen, auch wenn Albrecht Puhlmann in der Spielzeit 2006/07 seine Intendanz antritt – aber als Gast. Hat der Abschied vom Ensemble wehmütige Gefühle bei Ihnen ausgelöst?
Nein. Es hat sich in den letzten Jahren ein schleichender Prozess vollzogen, eine Abnabelung vom Ensemble.

Das En­semble hat sich verändert, der Ensemb­legedanke. Früher hat man sich zum Beispiel privat oft getroffen, hatten die Ehefrauen und Familien der Sänger miteinander Kontakte. Solche Dinge passieren nicht mehr. Von den jüngeren Sängern, also die etwa anderthalb Generationen, die nach mir gekommen sind, von denen weiß ich praktisch nichts.

Woran liegt das? Sind das die Altersunterschiede, ist das die Fluktuation im En­semble?
Die Altersunterschiede im Ensemble hat es natürlich, als ich jung war, auch gegeben. Zum Beispiel meine Fachkollegen Raymond Wolansky oder Fritz Linke, die waren eine Generation älter als ich, und trotzdem hatten wir auch privat ...

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Opernwelt Juni 2005
Rubrik: retrospektive, Seite 66
von Götz Thieme

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