Die schwindelerregende Endlichkeit des Seins
Ein Orang-Utan-Weibchen, durch Käfighaltung, Transporte und Tierversuche geschunden, der rechte Oberarm aufgerissen, der Blick leer, das Haar so dünn, dass die Kopfhaut durchscheint – dergestalt zeigt sich die Zauberin Alcina am Ende von Georg Friedrich Händels gleichnamiger Oper. Kein glitzerndes Paillettenkleid von Louis Désiré, keine Strasssteinmaske für Stirn und Haare deckt mehr die körperlichen Makel. Der Zauber ist hin.
Aus den Tieren, die ihre Liebhaber waren, sind wieder Menschen geworden: sechs muskulöse Kerle, die in der wuchtigen Streetdance-Choreografie von Ran Arthur Braun Front machen gegen die machtlose Frau. Zum schlagkräftigen Rudel sind sie verschmolzen, die doch vorher so individuell schienen als Möwe, Fliege, Krokodil, als Fisch, Hirsch und Hund. Sanft waren sie als Tier. Als Menschen sind sie mitleidlos, grob, ja brutal. Die Entzauberung der Welt gebiert Ungeheuer.
Francisco Negrin nutzt in seiner Inszenierung von «Alcina» – diesmal am alten, exzellent klingenden Opernhaus Kopenhagen, koproduziert mit der Oper Oslo – die metaphorische Bildlust des barocken Theaters, um nochmals an die Dialektik der Aufklärung zu erinnern. Kostüm und Nacktheit, Magie und ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt April 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 4
von Jan Brachmann
Frau Schneider, wie kam es eigentlich zum Fachwechsel?
Das hat sich so ergeben, da bin ich reingewachsen. Ich dachte immer, ich singe die Königin, bis ich 50 bin ... Die Stimme hat sich allerdings anders entwickelt, und ich bin gottfroh darüber. Die Donna Anna in Stuttgart wollte ich damals adäquater singen, breiter, dicker im Ton. Das war der erste Schritt. Noch...
Ein «Mozart»-Orchester wünschte sich Mauricio Sotelo für Lorca. Kleiner Streicherkorpus (vier Violinen, drei Bratschen, drei Celli, Kontrabass), charakteristisches Holz (zwei Flöten, drei Klarinetten, Oboe und Fagott). Das Blech (zwei Hörner, zwei Posaunen, Trompete) ist um eine Tuba erweitert. Dazu zwei Harfen, Pianoforte (bzw. Celesta), Pauken. Das ist der «alte»...
An vier Abenden und vier verschiedenen Orten spielte das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg im September 2012 «Moses und Aron»: in der Berliner Philharmonie, im Kultur- und Kongresshaus Luzern, «zu Hause» im Konzerthaus Freiburg, schließlich im Palais de la Musique et des Congres Strasbourg. Die von Sylvain Cambreling, dem langjährigen Chefdirigenten...