Die Kirsche auf der Torte
Nishni Nowgorod liegt am Zusammenfluss von Oka und Wolga. Im 19. Jahrhundert nannte man sie sogar «die dritte Hauptstadt Russlands». Vor kurzem feierte die Millionenmetropole ihr 800-jähriges Jubiläum, und aus diesem Anlass wurde vieles restauriert. Weniger freundlich behandelte man seitens der politischen Elite bislang die Oper. Nun jedoch hat der neue Bürgermeister Juri Schalabajew den erfolgreichen Manager Alexej Trifonow als Operndirektor eingesetzt und Dmitri Sinkovsky, einen Musiker von internationalem Format, zum Generalmusikdirektor bestimmt.
Die zweite Premiere auf der großen Bühne (nach einer vom Bolschoi-Theater übernommenen «Pique Dame») war Bizets «Carmen». Regie führte Elisaweta Moros, die acht Jahre lang als Regieassistentin am Bolschoi arbeitete und an anderen Theatern einige kleine Projekte realisieren konnte. «Carmen» ist ihre erste große Arbeit. Moros gelingt es, eine vielschichtige Aufführung auf die Bühne zu bringen, in deren Zentrum die clever agierende, in ein schwarzes Samtkleid gehüllte «Regisseurin» Carmen steht. In der Habanera küsst sie inbrünstig den Bühnenspiegel und drückt den Vorhang an sich – als wären ihr beide Dinge die teuersten auf der Welt. ...
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Opernwelt April 2023
Rubrik: Panorama, Seite 43
von Alexej Parin
Unter den vier großen französischen Opern Meyerbeers fristet die erste eine Existenz als armer Verwandter. Das Werk von 1831 erscheint nur noch selten auf der Bühne, bis heute wurde es nie im Studio eingespielt. Dieses Desinteresse hängt wohl wesentlich mit dem Mix aus komischen und tragischen Elementen zusammen. Die italienische Opera semiseria sollte um 1850...
Also sprach Zarathustra: «Orlando, geh’ dahin und werde ein Held auf dem Feld der Ehre! Sei wieder der Krieger, der du einmal warst, vergiss die Liebe, sie hält nur von den wesentlichen Dingen ab und dauert ohnedies nicht an.» Gut gesagt. Allein, was hilft es, wenn einer verrückt ist, verrückt nach den Frauen oder besser: nach einer bestimmten Frau. Selbst der...
Der kleine Amor hat spürbar Lust auf diesen Abend. Zu den ersten Takten des Vorspiels klettert er aus den Tiefen des Bühnenbodens herauf, richtet die Kissen und zieht beim übergroßen Himmelbett die Gardinen zu für das, was wir im Orchestergraben ohnehin schon deutlich hören: den Liebesrausch zwischen der Marschallin und ihrer jugendlichen Amour fou Octavian. Nicht...