Die größte Barriere ist der erste Besuch

Warum regionale Verankerung und Eigenständigkeit wichtiger sind als Maße und Mittel: Der Dirigent Florian Ziemen hält ein flammendes Plädoyer für das Potenzial kleiner Theater

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Die jüngste Produktion des Theaters für Niedersachsen musste unmittelbar vor der Premiere abgesagt werden. Ein ehrgeiziges Projekt: Die Barockspezialistin Sigrid T’Hooft hatte für Hildesheim Reinhard Keisers «Der hochmütige, gestürzte und wieder erhabene Croesus» inszeniert. Vor wenigen Jahren kursierten noch Schließungsgerüchte um das 600-Plätze-Haus. Dann machte es durch gelungene Entdeckungen auf sich aufmerksam. Seit Florian Ziemen 2017 als Operndirektor und Generalmusikdirektor antrat, hat er viele ungewöhnliche Stücke programmiert.

Den Posten des Operndirektors wird er zur kommenden Spielzeit an den neuen Intendanten Oliver Graf abgeben, als GMD aber weiter darum kämpfen, dem Haus ein spannendes Profil zu verleihen.

Herr Ziemen, bereits vor zwei Jahren hat Sigrid T’Hooft bei Ihnen Telemanns «Orpheus oder Die wunderbare Beständigkeit der Liebe» inszeniert. Wie kamen Sie darauf, ein Haus wie Hildesheim mit der szenischen Aufführungspraxis der Barockzeit zu betrauen?
Weil das aufregend ist und besonders. Aufregend, denn wie in der Musik das historische Wissen dem Musizieren viel an Kraft und Vitalität zurückgibt, so kann sich der gleiche Effekt auch auf der Bühne ergeben, wenn ...

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Opernwelt Juni 2020
Rubrik: Magazin, Seite 60
von Michael Stallknecht

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