Die Frau vom Meer
Draußen, vor der Tür, die Kälte. Eisige Winde, Regenfäden, grauschwerer Himmel. Drinnen, im Ballettprobensaal, das Gleiche, nur in anderen Farben, Formen, Figuren. Eine Stiefmutter, deren Seele so schwarz ist wie ihr Kleid, zwei Stiefschwestern in blaustrümpfiger Blödheit, mit geflochtenen Zöpfen auf dem Kopf und Gemeinheiten im Gehirn. In ihrer Mitte die Verletzte, gefangen im steril-stählernen Gehäuse, gedemütigt, Bein und Herz gebrochen. Doch kaum erhebt das Mädchen mit dem märchenhaften Namen Lucette seine Stimme, strömt Wärme durchs gesamte Haus.
Und eine Hoffnung, wie sie anmutiger, würdevoller kaum klingen kann.
Es ist «nur» eine Repertoirevorstellung in der Komischen Oper Berlin, an einem Sonntagnachmittag. Die Premiere liegt mehr als zwei Jahre zurück, die üblichen Schlendriane schleichen durch die Lamellen und den Graben. Aber für die Hauptdarstellerin gilt das nicht. Sie gibt sich hin. Schüttet Lyrismen und Lava in den Raum. Ist auf den Punkt fit, fokussiert, zudem in fabelhafter vokaler Verfassung. Wichtiger aber: Für Nadja Mchantaf macht das keinen Unterschied, ob es ein erster Abend ist, ein siebter oder ein – wie im vorliegenden Fall – geschätzt zweiundzwanzigster. ...
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Opernwelt Januar 2019
Rubrik: Magazin, Seite 64
von Jürgen Otten
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