Der Nachdenkliche
Er wollte es immer genau wissen. Bei allem, was er tat. Nicht nur, wenn es um die eigene Arbeit ging. Beim skrupulösen, sensiblen, kundigen und vor allem: musikalischen Ausloten von Libretti und Partituren, Plots und Figuren, Stoffkomplexen und Subtexten. Sondern auch, wenn er den Kollegen vom Parkett aus über die Schulter schaute. Was sie in Stücken oder Charakteren entdeckten, die ihn selbst umtrieben, bewegten, inspirierten. Und das machte er oft. Zumal in Berlin, wo er lebte. Am Schiffbauerdamm, nur wenige Schritte vom Berliner Ensemble, hatte er sein Büro.
Doch was er unter Musiktheater verstand, wurzelte weniger im epischen Theater Brechts als in den psychoanalytisch reflektierten, streng choreografierten Abstraktionen Wieland Wagners, dessen letzter Assistent er war.
Dieser Einfluss sollte für Nikolaus Lehnhoff zeit seiner über vierzigjährigen Regiekarriere bestimmend bleiben. Gewiss, vom Bremer Anti-Biedermeier-«Fidelio» (1974), Lehnhoffs erster Inszenierung an einem deutschen Haus, bis zur Salzburger Bunker-Schlachthaus-«Elektra» (2010), die er, während der Proben schwer erkrankt, nicht bis zur Premiere begleiten konnte, drückte sich ein Künstler aus, der seine Bühnenwelten ...
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Opernwelt November 2015
Rubrik: Magazin, Seite 85
von Albrecht Thiemann
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