Der Menschenfreund
Seit seinem Operndebüt mit Mozarts «Titus» 1994 an der Staatsoper Stuttgart gehört Jossi Wieler zu den profiliertesten Regisseuren des Musiktheaters. Der gebürtige Schweizer ist in vieler Hinsicht ein Solitär. Wie die meisten Kollegen seiner Generation hat auch er im Schauspiel begonnen, das Worttheater mit den ungleich schwierigeren Anforderungen aber niemals gänzlich aufgegeben. Und er ist ein Teamplayer – ein Menschenfreund, der den Dialog sucht und dessen Ethos geprägt ist vom Werkstattgedanken.
Seit Jahrzehnten arbeitet er überwiegend mit der Bühnenbildnerin Anna Viebrock und als Opernregisseur ausschließlich im Duo mit dem Dramaturgen Sergio Morabito zusammen. Viebrocks Räume mit ihren erfundenen Wirklichkeiten setzen den strengen Rahmen, Morabitos akribische Philologie im Umfeld von Libretto und Musik lotet die Differenz zwischen dem historischen Status der Werke und ihrer heutigen Rezeption aus. Kennzeichnend für Wielers Zugriff ist eine Radikalität des Suchens und Fragens – er selbst spricht von «Archäologie» –, die die nicht verbalisierte Innenwelt von Texten und Figuren freilegt und dabei Verdrängtes und Tabuisiertes ans Licht bringt.
Auch für ihn gilt die Devise Klaus ...
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Opernwelt August 2021
Rubrik: Magazin, Seite 59
von Uwe Schweikert
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Ob die arg dichotomische Teilung in Monogamie und Polygamie schon zu Mozarts Zeiten ein alter Hut war? Mit seiner Musik jedenfalls meidet der Experte in Liebesdingen jegliches Moralisieren. Die Duette der offiziell falschen Paare im zweiten Akt dieser «Schule der Liebenden» sind von so berückender Intimität und echter Zartheit, dass die Romantik der ewigen Liebe...
Die meisten Dirigenten der Gründergeneration der historisch informierten Aufführungspraxis begannen zunächst als Instrumentalisten – Nikolaus Harnoncourt als Cellist, Frans Brüggen als Flötist, Sigiswald Kuijken als Geiger, William Christie, Christopher Hogwood und Ton Koopman als Cembalisten. Jordi Savall ging denselben Weg und fällt doch aus dem Rahmen. Er hat...
