Delirio, Fallito & Co.
Mitunter relativieren Opernausgrabungen ein wenig das Licht, in dem historisch benachbarte Giganten glänzen. Zu den verkannten Tonschöpfern gehört der böhmische Komponist Florian Leopold Gassmann. Ab 1763 als Nachfolger Christoph Willibald Glucks am Wiener Hof, war er hörbar ein Vorarbeiter Mozarts. Doch im Gegensatz zu den beiden Kollegen ist der fähige Gassmann heute beinahe vollkommen vergessen. René Jacobs hat seine zu Lebzeiten ungemein populäre commedia per musica «L’opera seria» bereits vor gut 20 Jahren erstmals wiederbelebt (in Schwetzingen, siehe OW 6/1994).
Trotzdem konnte sich das hinreißend spritzige und ungemein kluge Werk, das 1769 am Wiener Burgtheater uraufgeführt wurde, nicht auf den Spielplänen etablieren.
Nun hat Jacobs in Brüssel einen zweiten Anlauf unternommen, der hoffentlich nachhaltiger wirken wird. Das Théâtre Royal de la Monnaie zeigt Gassmanns Parodie auf die spätbarocke Oper und den vom Star-Rummel geprägten Opernbetrieb renovierungsbedingt im Cirque Royal. Regie führt Patrick Kinmonth, Jacobs steht am Pult des belgischen Spezialensembles B’Rock, verstärkt durch Musiker aus dem Hausorchester. Das spitzfindige Libretto von Ranieri de’ Calzabigi erzählt ...
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Opernwelt April 2016
Rubrik: Im Focus, Seite 4
von Regine Müller
Eigentlich ist diese Partitur eine komponierte Frechheit. Wenn Isabella, die weibliche Hauptfigur, sich aufregt («Allegro molto feroce»), dann soll sie innerhalb kürzester Zeit mehr als zwanzigmal das hohe a singen, dazu noch das hohe b und das hohe h – ohne dass die Stimme sich dazwischen entspannen könnte, ohne melodisch zwingende Phrasen. Nicht einmal ein...
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