Das letzte Streichholz

Richard Jones und Paul Daniel präsentieren Brittens «Billy Budd»in Frankfurt als subtilen Psychothriller

Statt eines Kriegsschiffs auf stürmischer See im Jahr 1797 eine Kadettenschule des 20.

Jahrhunderts; statt wartender Matrosen vor he­raufziehendem Gefecht der Alltag junger Zöglinge zwischen Schlafsaal, Spinden, Dusche und einer Exerzierhalle, die auch der überdachte Innenhof eines ­Gefängnisses sein könnte; statt heiß ersehnter Berührung mit dem Feind eine Marineübung als absurdes «Spiel ohne Grenzen», das in die Tragödie eingeschoben ist wie ein Satyrspiel: Richard Jones hat in Frankfurt Benjamin Brittens «Billy Budd» nicht als «Seestück» inszeniert, sondern als spannendes, subtiles, realistisches Drama ­unter Männern, die erst zu solchen gemacht werden sollen. Da geht es um Drill und Spiel, Macht und Ohnmacht, Züchtigung und scheue Zärtlichkeit, Unterdrückung und Befreiung, physische Nähe und Ferne, weniger um Gut und Böse, Himmel und Hölle.
Antony McDonald hat mit viel Sinn fürs Detail den Querschnitt einer Marineschule auf die Bühne gebaut. Man schaut in Schlafsaal und Waschraum, wenn die Stahlkonstruktion der Halle mit Oberlicht nach rechts fährt. Auf der anderen Seite wird das Studierzimmer Captain Veres sichtbar, voller Bücher, ein Bild König Georgs VI. an der Wand, umrahmt ...

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Opernwelt Januar 2008
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Klaus Kalchschmid

Vergriffen
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