Das Kreuz mit der puritanischen Tradition

Als Musik- und Opernstadt wird Boston allenfalls am Rande wahrgenommen. Dabei beherbergt die «europäischste» aller US-Metropolen neben dem berühmten Symphony Orchestra mehrere Musikhochschulen, eine Chorgesellschaft und zwei Musiktheater

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Die «Vereinigten Staaten» existierten offiziell noch gar nicht, da verstand sich Neu-Englands Metropole Boston schon als Kulturhauptstadt. Nicht nur schlossen sich zahlreiche lokale Universitäten der dortigen, 1636 gegründeten Harvard University an; die Stadt brachte überdies eine genuin amerikanische Literatur und Philosophie hervor und begründete die Museumskultur der Nation. Neben Philadelphia und Québec ist Boston bis heute eine der «europäischsten» Großstädte Nordamerikas.



Darüber hinaus ist die Stadt fraglos auch ein führendes musikalisches Zentrum, in dem seit den 1860er Jahren gleich mehrere Musikhochschulen gedeihen. Zu den zahllosen hier ausgebildeten Musikern gehören etwa die beiden Bayreuther Elsa-Darstellerinnen Lillian Nordica und Eleanor Steber. Nicht zuletzt beheimatet Boston eines der besten Orchester der Welt (heute von James Levine geleitet) nebst vielen Instrumental-
ensembles und Chören – so hat die «Handel and Haydn Society» seit 1815 die Führung auf dem Feld des Oratoriums inne. Aus der reichen Alte-Musik-Szene sind unter anderem Lorraine Hunt Lieberson, Drew Minter und Peter Sellars hervorgegangen.

Von der «Opernstadt» Boston spricht man hingegen selten. Die ...

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Opernwelt April 2010
Rubrik: Magazin, Seite 70
von David Shengold

Vergriffen
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