Das komponierte Ensemble
Die klassische Situation: Eine bestimmte Anzahl von Menschen aus verschiedenen Ländern, unterschiedlicher Herkunft, beiderlei Geschlechts, gerät auf einer gemeinsamen Reise aufgrund höherer Gewalt in die berüchtigte «Inselsituation»: Es gibt keinen Ausweg, keiner kann dem anderen ausweichen, man muss sich arrangieren, die Zeit totschlagen oder – wie im Kriminalroman – sich peu à peu umbringen, nach der Melodie von den zehn kleinen Negerlein. Rossinis Oper «Il viaggio a Reims» ist nach diesem dramaturgischen Muster konzipiert.
Eine internationale Reisegesellschaft, die zur Königskrönung nach Reims möchte, sitzt in einem Badeort fest, wartet auf neue Wagen und Kutschpferde und vertreibt sich bis dahin die Stunden mit virtuosem Gesang, in dem sich zwischen halsbrecherischen Koloraturen, sanft schwingenden Kantilenen und dem berühmten «Gran pezzo concertato» für vierzehn exquisite Solisten das übliche Quiproquo der Gefühle ausbreitet, für dessen Charakterisierung man einfach nur auf die Komödien eines Marivaux verweisen könnte: das Spiel von Liebe und Zufall – ein Drama des Innenlebens. Rossinis Genialität besteht darin, wie er diese komödienhaft-antreibende, seelenanalytische Rede ...
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