Das Gruselhaus
Die Einschätzung war triftig: Als «Apokalypse im Familienmaßstab» bezeichnete Hanns Eisler den 1930 an der Oper Frankfurt uraufgeführten Einakter «Von heute auf morgen». Arnold Schönbergs Beitrag zum seinerzeit avancierten Zeitoperngenre, der in drastischen Farben die Ehekrise eines einander entfremdeten Paares schildert, bildete nun am gleichen Ort die Exposition des Bühnenabends «Warten auf heute», für den Regisseur David Hermann und Bühnenbildner Jo Schramm aus drei Schönberg-Werken und einem Liederzyklus von Frank Martin ein abgründiges Beziehungsdrama kreierten.
In raffinierter Verzahnung der vier Stücke begleitet die Inszenierung die Protagonisten vom Scheitern ihrer Beziehung bis zum vereinsamten Tod.
Ausgangpunkt der Tragödie bildet ein Einfamilienhaus im US-Amerika der 1950er-Jahre. Ein stereotypes Idealbild mit Vorgarten und Veranda; ein Idealbild, dem der Farbanstrich abhandengekommen ist: Überall herrscht Einheitsgrau; Baumkronen und Sträucher sind eingehüllt in fahle Netze. In die Wände hat der Bühnenbildner sichtbare Sollbruchstellen einbaut, an denen sie sich verschieben, aufbrechen und auseinanderweichen können. Nicht nur bühnentechnisch ist das wandlungsfähige ...
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Opernwelt März 2022
Rubrik: Panorama, Seite 44
von Silvia Adler
Wenn unser Geigenlehrer selig, ein Engel an Geduld, genug hatte von unserem Gekratze, floh er gerne in eine erträumte Solokarriere: Er gab für uns Schüler den Virtuosen. Dabei warf er sich vor allem Isaac Albéniz an die Brust; sein erklärtes Lieblingsstück war «Asturias» aus der «Suite española» op. 47 in der Fassung für Solo-Violine – heute einem breiteren...
Über die Liebe ist schon manch Klug-Erhellendes, Poetisch-Verdichtetes (und, ja, auch Staunenswertes) geschrieben worden. Eine der schönsten Charakterisierungen aber finden wir in der Bibel, im ersten Korintherbrief, Kapitel 13, Vers 4 bis 7: «Die Liebe ist langmütig und freundlich», heißt es da, «die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie blähet...
Sant’ Andrea della Valle, Palazzo Farnese, Engelsburg: Wer könnte diese ikonografischen Orte nicht sofort vor seinem inneren Auge abrufen, wenn er von «Tosca» hört? Und wie sollte, im Rom um 1800, die Handlung anders ablaufen als von Puccini und seinen Librettisten notiert? Aber ist «Tosca» ein derart «veristisches» Werk, dass es der Originalschauplätze überhaupt...