Blick ins Innere
Wenn’s denn ein Kalauer sein darf: Das Auge war in aller Munde. Johannes Leiacker hat es für Giacomo Puccinis «Tosca» auf der 700 Tonnen schweren und sieben Millionen Euro teuren Bregenzer Bodenseebühne entworfen, 50 Meter breit, 30 Meter hoch. Seine Pupille kann ausgeklappt, gedreht und geschwenkt werden. Dann ist sie die zentrale Spielfläche.
Das Bregenzer Auge ist, der Gräfin Attavanti abgeguckt, Teil des Kirchengemäldes, mit dem Cavaradossi die Eifersucht Toscas weckt, und es steht unter anderem auch für den totalen Überwachungsstaat des Polizeichefs Scarpia, dessen Geheimdienst alles sieht.
In diesem Auge finden sich Scarpias Folterkammern, und aus ihm tönen die grässlichsten Schmerzensschreie, die der malträtierte Oppositionelle und verhasste Nebenbuhler Cavaradossi je hören ließ. Kein Wunder, dass die Adern des Auges sich auch mal blutgetränkt darbieten. In diesem Auge wird mit allem römischem Pomp das «Tedeum» gesungen, dieweil unterm inzwischen aus dem See emporgewachsenen, 14 Meter hohen Stahlkreuz die politischen Häftlinge reihenweise abgeknallt werden. Lange wirkt Leiackers Auge malerischer, flächiger und somit enttäuschender als die Bühnenskulpturen, die vordem den ...
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Ein «Traumpaar der Oper» wie in unseren Tagen Anna Netrebko und Rolando Villazón waren sie gewiss nicht. Wenn der «Löwe» und die «Tigerin» in einem Käfig, sprich: auf der Opernbühne aufeinander trafen, dann war eine Stimmung im Auditorium wie in Schillers berühmter Ballade «Der Handschuh». Die damals florierende Schallplatten-Industrie hat sie fein auseinander...
Silbern glänzte der Horizont und spiegelte sich in vielen kleinen und größeren Seen. Die Bäume davor schwarz und filigran, als wären sie Scherenschnitte. Grausame Ästhetik, denn die Seen waren überschwemmte Äcker und Wiesen; die viele Tage währende Juli-Sintflut hatte weite Strecken lieblicher englischer Landschaft unter Wasser gesetzt und zahlreiche Ortschaften...
Eigentlich könnten sie in Pesaro ja hoch zufrieden sein. Von der Herablassung, mit der noch in den sechziger Jahren die großen Opern Gioacchino Rossinis behandelt wurden, kann längst keine Rede mehr sein, und auch wenn «Barbiere» und «Italiana» wohl auf ewig die Aufführungsstatistiken dominieren werden, nehmen Dirigenten und Intendanten inzwischen auch Werke wie...