Bestürzend aktuell
Unter Verdis Opern der mittleren Periode, die mit dem Erfolgsstück «Rigoletto» 1851 beginnt und elf Jahre später mit der Uraufführung von «La forza del destino» endet, nimmt «Il trovatore» schon allein deswegen eine Sonderstellung ein, weil zwischen dem Drama, auf dem dieses Bühnenwerk fußt, und dem Libretto, das ihm zugrunde liegt, eine eklatante Lücke klafft.
Während Antonio García Gutiérrez – dessen schaurig-romantisches Schauspiel «Símon Bocanegra» 1857 als Vorlage für das gleichnamige Verdi’sche Melodramma dienen wird – den (mittelalterlichen) bürgerkriegsähnlichen Konflikt zwischen zwei Adelshäusern als Folie und Hintergrund für eine persönliche Tragödie wählt (also im Grunde ein sehr ähnliches Sujet wählt wie im «Bocanegra»), entscheidet sich Verdis damaliger Librettist Salvatore Cammarano – er wirkte in dieser Funktion zuvor schon bei den Opern «Alzira», «La battaglia di Legnano» und «Luisa Miller» –, als er den Stoff in die Finger kriegt, für eine radikale Reduktion. Man könnte auch sagen: Er schnipselt so lange an Gutiérrez’ Drama herum, bis nur noch ein seltsam blutleeres, musikdramaturgisch zumindest in Teilen zweifelhaftes Gebilde übrigbleibt – ein Stück (fast) ohne ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt März 2023
Rubrik: Magazin, Seite 68
von Jürgen Otten
Ein Märchen ist’s, der Titel verrät es. Aber eines, das wohl nur diejenigen kennen, die nicht nur mit Puschkins großen Poemen «Eugen Onegin», «Pique Dame» und «Poltawa», sondern zudem mit den kleineren Schöpfungen dieses großartigen Schriftstellers vertraut sind. Wladimir Iwanowitsch Belski – jener Literat, der späterhin auch Nikolai Rimski-Korsakows Opern «Die...
«Lasciate ogni speranza» empfahl schon Dante, vom «River of no return» sang die Monroe. Und auch Günther Groissböck reitet über weite Strecken dieses Albums das fahle Ross des Todes. Das von Mahler vertonte Wunderhorn-Lied «Nicht wiedersehen!» dient ihm dabei als Motto; auf dem Cover blickt der Bass stirnrunzelnd am Betrachter vorbei, als wäre er selbst der Fleisch...
Diese Oper war sein Schmerzenskind. Düster war dieses Kind, «weil es düster sein muss» (so der Schöpfer am 2. Februar 1881 an den Lebensfreund Opprandino Arrivabene), durchtränkt von einer zutiefst pessimistischen Menschensicht und versehen mit einem aus drei Tintenfässern stammenden Libretto, das Eduard Hanslick anlässlich der Wiener Erstaufführung ein Jahr nach...