Schleuderthron

Berlioz/Wagner: La Reine/Die Königin
Mannheim | Nationaltheater

Inszenierte Liederabende, die die Grenze zwischen Konzert und Theater aufheben, sind en vogue. Jetzt hat der vor allem für seine Heiner-Müller-Inszenierungen bekannte Regisseur Thomas Bischoff im Mannheimer Nationaltheater eine Performance mit zwei populären Orchesterliederzyklen, Hector Berlioz’ «Les nuits d’été» und Richard Wagners «Wesendonck-Liedern», präsentiert, die das Premierenpublikum nachhaltig in Bann schlug.

Er schickt darin eine alternde Königin, Angela Denoke in Maske und Robe einer priesterlichen Sybille, auf den Kreuzweg der Erinnerung, der sie mit abgespaltenen, von drei Schauspielern dargestellten Stimmen ihres traumatisierten Unbewussten konfrontiert. Sie flüchtet sich in die Schönheit der Musik, die doch von nichts anderem als von Schwermut und verlorener Liebe weiß, sie mit Gewalt und Tod – szenisch drastisch exekutiertes Waterboarding, Erstechen, Strangulieren – bedroht und so immer tiefer in den Abgrund der eigenen Existenz stürzt. Gleichzeitig erdet Bischoff den magischen Tonfall der Lieder, indem er ihre romantische Traumwelt mit desillusioniert-zynischen Texten der beiden poètes maudits Arthur Rimbaud und Gottfried Benn aufbricht und konterkariert. Dazu ...

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Opernwelt April 2017
Rubrik: Panorama, Seite 48
von Uwe Schweikert

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