Ausgetrocknet
Die Sängerinnen und Sänger des Staatstheaters Karlsruhe verbeugen sich beseelt lächelnd nach der im Mai live gestreamten Premiere von Giacomo Puccinis «Gianni Schicchi» in Richtung Kameras. Ansonsten bleibt es still. Das Publikum ist abwesend. Wenn die Oper keine einseitig kommunizierende Röhre ist, dann war die zu Ende gegangene Spielzeit eine katastrophale, die nicht stattgefunden hat. Das «Kraftwerk der Gefühle» hat zwar Strom produziert, da man vielerorts nicht untätig blieb, aber die Energie pumpte lediglich Wasser in Speicherreservoirs.
Ob es von dort wieder herausströmen wird, um erneut Strom zu erzeugen, wird sich noch zeigen.
Die Austrocknung ist auf beiden Seiten schmerzhaft fühlbar, auf der der Produzierenden und auf der der Rezipierenden. Pandemiebedingt ist ein Klimawandel auch in der Opernwelt erfahrbar. Die Schritte der Bewältigung sind in dieser künstlichen Welt so erkennbar wie in der natürlichen. Doch bleiben sie hier wie dort von einer gewissen Hilf- und Ratlosigkeit geprägt. Vor spärlich besetztem Publikum oder gar keinem werden Vorstellungen online vermittelt. Oft sind es die altbewährten Stücke, die jene Publikumsströme generierten, die nun aber gar nicht ...
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Opernwelt Jahrbuch 2021
Rubrik: Umfrage Kritikerstatements, Seite 114
von Bernd Künzig («SWR», Baden-Baden)
Ach, wie war es doch vordem / mit den Listen so bequem... Aber nichts ist mehr so, wie es einmal war, also auch nicht die übliche standardisierte Saison-Benotung aus Sichten, Einordnen, Nominieren, Zusammenzählen, Küren von Siegerinnen und Siegern.
Andererseits war ja auch nicht «nichts» in diesen verseuchten Monaten! Im Gegenteil: Man streamte und war plötzlich...
«Ihre Art entspricht so sehr der meinen, wir sind füreinander geboren und werden sicher Schönes zusammen leisten, wenn Sie mir treu bleiben …» Dieses schrieb nicht etwa, errötend, ein Jüngling seiner Angebeteten ins Stammbuch. Sondern ein pragmatischer, als hemdsärmelig geltender Komponist, von Thomas Manns Adrian Leverkühn als «begabter Kegelbruder» bezeichnet, im...
Hat alles nichts gebracht: die echten Flüchtlinge auf der Bühne; die Kinder aus Afrika, die Armut beglaubigen sollten, obwohl sie aus einer intakten, gar nicht so armen Familie kamen; die Nutten, Nutten und abermals Nutten, die der alten, elitären Oper mehr street credibility verschaffen sollten. Völlig nutzlos! Von der Relevanz, die mit diesen «Einfällen» des...