Aus der Heimat hinter den Blitzen rot

Karol Rathaus’ Oper «Fremde Erde», beschreibt exemplarisch die Stimmung und Abgründe der 1930er-Jahre

Die Formel kennt man hauptsächlich aus der amerikanischen Sportsphäre, zumal aus dem Boxring: «They never come back.» Will sagen: Der besiegte Champion wird kaum noch einmal den Thron besteigen (wenige Ausnahmen bestätigen diese Regel). Nun ist «Rückkehr» ein vergleichsweise neutraler Begriff: Man kommt von einer Urlaubsoder Geschäftsreise zurück, nach Hause. Bei «Heimkehr» indes schwingt «Heimat» mit, nicht selten Nostalgie, Sehnsucht nach einer vergangenen, verblichenen Welt. Sie zu verlassen, konnte utopisch sein, aber auch aus der Not heraus geschehen.

Die Auswanderer aus Osteuropa, Irland oder Italien zog es ins «Gelobte Land» von Freiheit und Wohlstand: in die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Emigranten freilich, die vor dem NS-Terror flohen, verließen ihr Land meist alles andere als frohgemut, allenfalls erleichtert, mit dem Leben davongekommen zu sein. 

Von den unzähligen Künstlern, die in den 1930er-Jahren Mitteleuropa verlassen mussten, in Amerika überlebten, hat es manche nach «Good old Europe» zurückgezogen. Thomas Mann und Paul Hindemith gingen in die Schweiz, Bertolt Brecht und Hanns Eisler nach Ost-Berlin. Frühere Komponisten wiederum assimilierten sich fern der ...

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Opernwelt Jahrbuch 2022
Rubrik: Wiederentdeckung des Jahres, Seite 53
von Gerhard R. Koch

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