AUFGEWÄRMT

Janáček: Jenůfa OSLO | OPERNHAUS

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Es ist etwas Seltsames um Leoš Janáčeks «Jenůfa»: Eigentlich haben wir heute keinen Bezug mehr zu einer moralinsauren, ländlichen Welt von vor anderthalb Jahrhunderten, in der eine uneheliche Schwangerschaft das ganze dörfliche Leben auf den Kopf stellt und nicht nur den werdenden Eltern, sondern sogar deren Ziehmutter immerwährende Schande bereitet.

Aber wir leiden und hoffen noch immer mit der Titelheldin, die von ihrem geliebten Stiefbruder Števa im Stich gelassen wird, und die der andere Stiefbruder Laca zunächst verunstaltet, um sie dann mit seiner unverbrüchlichen Liebe zu retten. Ein Grund für diese bleibende Faszination ist Janáčeks Orchesterklang, der das Parlando der Singstimmen farbig und nie forcierend trägt; ein weiterer die empathische, minutiöse Zeichnung der Charaktere. 

Regisseur Keith Warner setzt die Psychologie dieses Kammerspiels in Oslo präzise, empathisch und dank seines Ensembles überzeugend um. Hier werden Personenführung und spielerische Intensität zum Ereignis. Doch was mag Warner dazu gebracht haben, sich von Jason Southgate ein derart langweiliges Bühnenbild mit 1950er-Jahre-Geruch zu bestellen, überdies fast eine Kopie der Inszenierung von Olivier ...

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Opernwelt Mai 2022
Rubrik: Panorama, Seite 47
von Stephan Knies

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