Auf Sturmes Höhen
Nein, dieses Bildnis, das in der Birmingham Museum and Art Gallery hängt und den (englischen) Titel «HELL, Canto 5» trägt, ist nicht bezaubernd schön. Schauderhaft ist es. Aber eben auch faszinierend, irrlichternd, inspirierend.
Sein Schöpfer William Blake stellt darin mit Stift, Feder und Aquarellfarben die unendlichen, von einem gewaltigen Sturm durcheinandergewirbelten Seelen jener prominenten Wollüstigen, unglücklich Liebenden dar, wie sie uns im Fünften Gesang aus dem Inferno von Dantes «Divina Commedia» mehr entgegengleiten als entgegentreten: Semiramis, Kleopatra, Dido, Helena, Achill, Paris, Tristan. Und auch zwei «Zeitgenossen» Dantes, der von Vergil durch diesen Höllenkreis geführt wird, sind (gleich in verdoppelter Gestalt) inmitten dieses Stromes aus nackten Leibern zu sehen: Francesca da Rimini und Paolo Malatesta. Ihre Verbindung war nicht gottgegeben, deswegen sind sie ebenfalls an diesem verruchten, gleichwohl lichtdurchfluteten Ort gestrandet. Als Francesca die Geschichte ihrer unmöglichen Liebe erzählt, ist der Dichter so gerührt, dass er, von Mitleid bewegt, ohnmächtig zu Boden sinkt. Da liegt er nun zu Füßen Vergils, der, in einen Heiligenschein gehüllt, das ...
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Opernwelt Mai 2022
Rubrik: Essay, Seite 66
von Jürgen Otten
Überall in Russland wird das Fernbleiben ausländischer Künstlerinnen und Künstler inzwischen schmerzhaft spürbar. Das Bolschoi-Theater verschob alle geplanten «Lohengrin»-Aufführungen aus Mangel an geeigneten Darstellerinnen und Darstellern auf unbestimmte Zeit. Auch das Programm der Moskauer Philharmonie hat sich auffallend verändert; als Ersatz für große...
Wer Russland verstehen möchte (weniger die Menschen als vielmehr die Psychologie dieses unermesslich reichen Landes), wer nach seinen vielschichtigen soziokulturellen Wirklichkeiten, Irrealitäten und Absurditäten sucht – der findet in einem Buch Antworten, das sich anhand von vier Biografien konkret zwar «nur» mit der Zeit nach 1984 beschäftigt, dabei aber...
Herr Huber, Sie sind der erste Liedbegleiter, mit dem die «Opernwelt» ein ausführliches Interview führt. Fühlt man sich vom Journalismus manchmal vernachlässigt in Ihrem Beruf?
Diese Frage wird mir fast bei jedem Interview gestellt.
Nervt sie Sie?
Nein, gar nicht. Ich glaube nur, dass man schon vor ungefähr 20 Jahren davon abgekommen ist, dass der Begleiter etwa...
