Auf schmalem Grat

Leo Hussain und Peter Konwitschny stellen am Theater an der Wien Werner Egks «Peer Gynt» zur Diskussion

Von einem, der auszog, das Fürchten zu lehren. Auch er verliert sich so hemmungs- wie rücksichtslos in hochfliegende Lügenträume, in «alternative facts». Er möchte Kaiser der Welt sein und ist doch bloß Kaiser der Selbstsucht. Auch er wohnt irgendwann mal in einem weißen Haus, allerdings einem aus Holz gezimmerten. Auch er hat rotblonde Haare, doch nicht als Helmfrisur, sondern zum Pferdeschwanz gebunden. Und er sucht nicht ständig rechthaberisch mit spitzem Zeigefinger Löcher in die Luft zu bohren. Denn es ist nicht der, an den wir jetzt denken.

Sondern Peer Gynt, der Titelheld von Werner Egks Oper nach Henrik Ibsen, wiederauferstanden im Theater an der Wien.

Und als solcher steht Bo Skovhus zu Beginn vor dem Vorhang, starrt minutenlang provokativ ins Auditorium, ehe Dirigent Leo Hussain dem Radio-Symphonieorchester des ORF den Einsatz gibt und der Abend sich musikalisch entwickelt. Was wiederum ein zweischneidiges Unterfangen ist. Denn ob man Josef Müller-Marein (dem ehemaligen Chefredakteur der «Zeit») zustimmen möchte, der 1966 zu Werner Egks 65. Geburtstag von der «Fülle der Talente» schrieb, die den Komponisten «dazu begnadete, für sich selbst zu leben, ohne nach den anderen ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt April 2017
Rubrik: Im Focus, Seite 12
von Gerhard Persché

Weitere Beiträge
Guilty Pleasures

Leopold Stokowski, in Deutschland verkannt, andernorts aber hochgradig verehrt – Carlos Kleiber etwa nannte ihn «Stokey, das Genie» – gebot über ein riesiges Repertoire. Nur in der Oper machte sich der Dirigent rar. Immerhin, in den USA präsentierte er erstmals Bergs «Wozzeck» (1931) und Modest Mussorgskys Original-Version des «Boris» (1929). Am bekanntesten und –...

Herber Reiz, feine Balance

Ein Kastrat, dem bisher noch nicht gehuldigt wurde?! Antonio Maria Bernacchi. In ihm fand der junge Farinelli 1727 in Bologna bei einer Art  Wettsingen seinen Meister, wie Franz Haböck in seiner Studie «Die Gesangskunst der Kastraten» berichtet. Das Ergebnis: Farinelli, obgleich bereits erfolgsverwöhnt, ging bei dem älteren Sänger, dem Begründer der späteren...

Sternstunde

Einige Fragen vorweg: Ist «El amor brujo» überhaupt eine Oper? Womöglich eher ein Monodram? Oder eine Miniatur-Zarzuela? Und welche der vier verfügbaren Versionen spiegelt die Intentionen des Komponisten am besten wider? Mit «Gitanería» jedenfalls war das Konzept überschrieben, das die berühmte Flamenco-Sängerin und -Tänzerin Pastora Imperio 1914 dem Komponisten...