Auf den zweiten Blick
Bellinis «Puritaner», Stuttgart 2016: Historische Imagerie
Wieler/Morabito entfesseln auf Anna Viebrocks genial verschachtelter Szene – einer ruinösen, jetzt als Versammlungsraum, aber auch als Abstellschuppen genutzten Kirche – eine präzis konnotierte, bis ins Letzte ausgefeilte Bilderflut, die das verschachtelte Ineinander von historischem Rahmen und individuellem Schicksal ironisch bricht und zugleich mit Bedeutung auflädt.
Geschichte – um den dramaturgischen Meisterdenker Morabito zu zitieren – ist hier «historische Imagerie», erfundene, weil spielerisch aufgegriffene und verfremdete Wirklichkeit. Enrichetta und der wie ein Gockel in Samt, Seide und Federhut stolzierende Arturo treten auf, als wären sie den an der Wand gestapelten Gemälden des englischen Hofmalers Anthonis van Dyck entsprungen. Aber nicht weniger irreal – theatralisch eben – wirken die asketisch schmucklosen Puritaner, die Frauen im Schürzenkleid und züchtigen Kopfhäubchen, die Männer mit Gesangbüchern bewaffnet, die sie nicht aus der Hand legen.
(OW 9-10/2016)
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Opernwelt Jahrbuch 2016
Rubrik: Bühne und Kostüme des Jahres, Seite 18
von
So votierten unsere Leser
Aufführung des Jahres: Verdis «Macbeth» in Zürich (Teodor Currentzis/Barrie Kosky)
Regisseur des Jahres: Barrie Kosky
Bühnenbildnerin des Jahres: Rebecca Ringst
Dirigent des Jahres: Kirill Petrenko
Sänger des Jahres: Jonas Kaufmann, Anja Harteros
Opernhaus des Jahres: Bayerische Staatsoper München
Ärgernis des Jahres: Die Sanierungsfälle...
Gleich mit zwei neuen Stücken bereicherte Georg Friedrich Haas die vergangene Spielzeit: Im November 2015 stellte Londons Royal Opera House «Morgen und Abend» auf ein Libretto von Jon Fosse vor, koproduziert mit der Deutschen Oper Berlin. Im Mai 2016 folgte in Schwetzingen und kurz darauf in Darmstadt «Koma» nach einem Text von Händl Klaus, die «Uraufführung des...
Herr Gerhaher, ist die Oper noch immer der andere Kontinent, von dem aus Sie gern ins heimische Lied zurückkehren?
Oper singe ich eigentlich schon sehr lang, so fremd kann die mir also nicht sein. Wenn mich jemand nach meinem Beruf fragt – ob Handwerker, Universitätsprofessor oder Taxifahrer –, sage ich, ich sei Opernsänger. Bei «Sänger», glaube ich, vermuten viele...