Angst essen (russische) Seele auf

Das Theater Regensburg präsentiert die Uraufführung von Anton Lubchenkos Musiktheater «Wir»

Opernwelt - Logo

Im «Einheitlichen Staat» funktioniert alles reibungslos, nach mathematischen Prinzipien eingerichtet vom Großen Wohltäter. Die Menschen tragen Nummern und sind alle gleich. Für ihre «glücklichen Stunden» werden sie einander zugelost, sodass sie sich nicht mehr in Gefühle verstricken müssen. Dem Großen Wohltäter sind sie dafür so dankbar, dass sie ihn regelmäßig beim «einheitlichen Wählen» akklamieren. Nur wer Fantasie besitzt, sollte sich besser in Acht nehmen, könnte er doch so etwas Krankes wie eine «Seele» entwickeln.

Dann droht am Ende die saubere, unblutige «Auslöschung» … 

1920, nur drei Jahre nach der Oktoberrevolution, entwarf der russische Schriftsteller Jewgeni Samjatin diese bitter-ironische Vision über den Staat, in dem er bis zu seiner Emigration nach Frankreich zu leben gezwungen sein würde. Dem Roman «Wir» wurde in der jungen Sowjetunion die zweifelhafte Ehre zuteil, als Erster verboten zu werden. Im Westen dagegen wurde er zur heutzutage leider viel zu wenig gelesenen Inspirationsquelle für die verblüffend ähnlichen Dystopien Aldous Huxleys und George Orwells. 

Am Theater Regensburg steht der Chor mit Abständen in Reih und Glied: Haarlose, einheitlich eisgrau ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Mai 2022
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Michael Stallknecht

Weitere Beiträge
Ich bin, was ich bin

Sollte man nicht glücklich sein, wenn man eine hervorragende Inszenierung gesehen hat? Handelt es sich dabei um eine Inszenierung von Alban Bergs «Wozzeck», so ist die Frage, was «Glück» bedeuten kann, angesichts eines Werks, das schlichtweg perfekt ist, das aber an keiner Stelle (nirgends) so etwas wie «Hoffnung» zulässt. 

Regisseur Simon Stone lässt uns auf...

BIN ICH’S?

Selbsterkenntnis kann einem auch am Schalter in der Frankfurter Bahnhofshalle drohen. Wenn zum Beispiel die Dame den Ticketkäufer freundlich darauf hinweist, ab 60 sei die Bahncard doch billiger. Allein, Christian Gerhaher, am Morgen nach einem «Don Giovanni» unterwegs, war da gerade mal 44. Sicher unausgeschlafen, ein wenig zerzaust, vielleicht sogar mürrisch. Die...

Personalien, Meldungen 5/22

JUBILARE

Gotthold Schwarz erblickte am 2. Mai 1952 in Zwickau das Licht der Welt. Als Sohn eines dort ansässigen Kantors war der Weg zur Orgel nicht weit. Ab 1971 folgte die Ausbildung zum Kirchenmusiker an der Hochschule für Kirchenmusik in Dresden. Dort studierte Schwarz Orgel und Gesang – und ging nach Abschluss seines Studiums vor allem seinen sängerischen...