Amadeus, der Untergeher
Mit der «Gans von Kairo» («L’oca del Cairo») wollte Mozart 1783, kurz nach der «Entführung», Buffa-Terrain entern. Mit wenig Erfolg. Zu lange und zu stumm sitzen die Mädels, die von Don Pippo vor Liebesanwärtern versteckt werden, im dunklen Turm. Bis zur titelgebenden Gans (dem «Trojanischen Pferd» des Stücks) komponierte Mozart nicht mehr. Stattdessen präsentiert er sich hier als Ritter der schwachen Stunde: als einer, dem manches daneben ging.
Nebst einigem Konzertarien-Grünzeug und Klavierkraut widmen sich die «Mozart-Fragmente» an der Deutschen Oper der Werkstatt der Misserfolge.
Über die Hinterbühne der Inszenierung von Roland Schwab krauchen und krabbeln zwei Dutzend Untote. Sie sind Repräsentanten der verworfenen Ideen und missglückten Einfälle. Während hinten eine «Zauberflöte» zu Ende geht, rumorts vorne bei den Zombies. Sie führen die «Gans von Kairo» auf. Schreiten hohläugig zur Rampe und machen «Huh». Die Stunde der Mozart-Wiedergänger wird zur Nacht der lebenden Leichen – und genauso sieht der Abend auch aus. Viele Mullbinden. Viel Horrorfilm-Getue. Zwischendurch, damit man einen bekannten Titel mit ankündigen kann, gibt’s inkonsequenterweise das (vollendete) Introitus ...
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