Am kalten Ehe-Ofen

Leos Janácek im Briefwechsel mit seiner Frau Zdenka und Tochter Olga

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«Ich weiß, dass ein Komponist manchmal in der Nähe des Feuers sein muss. Foerster, Novák – man sieht, dass sie an kalten Öfen sitzen.» Dies gesteht Janácek am 26. Januar 1928, ein halbes Jahr vor seinem Tod, mit brutaler Offenheit seiner Frau Zdenka. Denn der damals 74-Jährige saß, wie er seinen Kollegen Josef Bohuslav Foerster und Vítezslav Novák unterstellt, selbst seit Jahrzehnten zu Hause am kalten Ehe-Ofen und suchte deshalb aushäusig nach Abwechslung und Feuer.



Der jetzt auf Deutsch veröffentlichte Briefwechsel des großen mährischen Komponisten mit seiner Frau Zdenka und Tochter Olga aus den Jahren 1893 bis 1928 ist – oberflächlich gelesen – auf weite Strecken nichtssagend, ja belanglos. Über das musikalische Schaffen und seine ästhetischen Anschauungen verliert Janácek kein Wort. Er schreibt seiner Frau, wenn er unterwegs auf Reisen ist, seinen alljährlichen Badeurlaub in Luhacovice (dem «Treffen schöner Frauen») verbringt oder auf Urlaub im heimatlichen Hukvaldy weilt. Oft sind es nur kurze Briefe oder Ansichtskarten, deren Mitteilungen sich auf kargen Alltag beschränken. Krankheiten, körperliches Wohlbefinden und das meist detailliert berichtete Essen nehmen den größten ...

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Opernwelt April 2010
Rubrik: Medien/Bücher, Seite 28
von Uwe Schweikert

Vergriffen
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