Albtraum da, Liebestraum dort
Radikal entzaubert kommt sie daher, die neue Frankfurter «Zauberflöte», in steril-nüchternem Weiß. Als zeitgenössische Antwort auf Alfred Kirchners märchenhafte Kultinszenierung, die seit ihrer Premiere im Jahr 1998 fast ein Vierteljahrhundert auf dem Spielplan stand, ist diese karge Ästhetik keineswegs überraschend. Reduktion heißt das Zauberwort in Ted Huffmans Ausdeutung des Opernklassikers: kein Märchendekor, keine magische Bildermacht. Stattdessen eine Zimmerflucht mit gekrümmten Wänden und hohen Türen.
Ein Hotelkorridor? Eine labyrinthartige Wohnung? Mit kunstvollen Drehbühnenschwenks eröffnet Bühnenbildner Andrew Lieberman eine verwirrende Vielzahl verschachtelter Räume.
Im Korridor kauert der von Albträumen geplagte Prinz. Die drei Damen stöckeln als glamouröse Partyqueens um ihn herum und vertreiben die Phantasmagorie der wilden Schlange. Huffman schildert die Geschichte aus Taminos Perspektive, als Rückschau auf vergangene traumatische Erlebnisse. Psychodrama also statt theatraler Magie, fokussiert und verschlankt – warum nicht? Zumal wenn das Damentrio (Monika Buczkowska, Kelsey Lauritano und Cláudia Ribas) eine solch grandiose Farbintensität aufweist und Dirigent ...
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Opernwelt 12 2022
Rubrik: Im Focus, Seite 23
von Silvia Adler
An Ressentiments herrscht in diesem 1814 an der Mailänder Scala aus der Taufe gehobenen Werk wirklich kein Mangel: Rossinis «Il turco in Italia». Der Sultan ist ein zwar charmanter, aber unerbittlicher Despot; die vermeintlich untreue Geliebte hat er bereits zum Tod verurteilt und Frauen, derer er überdrüssig wurde, flugs verkauft. Italienerinnen wiederum haben es...
Frau Fassbaender, Sie haben einmal in einem Interview gesagt: «Ich habe ein schlechtes Gewissen beim Nichtstun, vielleicht kann ich mir das abgewöhnen.» Sind schon Fortschritte erkennbar?
Nein. Ich bin immer noch rastlos, auch in den Ferien. Da ich eingedeckt bin mit Inszenierungen, hört die Kopfarbeit nicht auf. Das finde ich ja gut! Immerhin: Ich bin so weit,...
Will man im Internet flugs «Komplexität» bebildern, so finden gerne riesige vollgekritzelte Tafeln Verwendung. Ein bisschen schwingt auch immer traurig die «Einsamkeit des Genies» mit, wird man solcher Kreidekrümel auf grünem Grund gewordener – meist mathematischer – Gedankenströme ansichtig (Cineasten denken in diesem Moment vielleicht an den Film «A Beautiful...