Subjektives Espressivo
Karl Richter wuchs in der sächsischen Kantorentradition auf, übte auf Silbermanns Freiberger Domorgel, wurde noch von Karl Straube als Schüler angenommen und als ganz junger Mann Organist an der Leipziger Thomaskirche. Karriere macht er in München, wo er sich an der Markuskirche einen eigenen Bach-Chor aufbaute und im katholischen Bayern ein Stück protestantische Kirchenmusik als lebendige Tradition vermittelte. Richter wurde zum Plattenstar. Er tourte weltweit auch als Cembalist und Organist. In Bachs Reich gab es keine Götter neben ihm.
Doch als er an seinem zweiten Herzinfarkt im Alter von vierundfünfzig Jahren starb, traten viele Propheten auf den Plan. Ein Bach-Dirigent, der Knappertsbusch bewundert hatte, musste zwangsläufig und schnell von der Originalklangwelle begraben werden. Die Passionsaufführungen wurden kürzer, die Chöre kleiner, die Instrumente älter. Richter war plötzlich persona non grata. Man rümpfte öffentlich die Nase über sein subjektivistisches Espressivo, große Chorbesetzungen und die h-moll Messe als Monumentalgemälde samt Trompetengeschmetter. Doch auch diese Zeiten sind inzwischen vorbei. Für heutige Ohren bleibt Karl Richter verbunden mit einem ...
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