Grenzen des Schöngesangs
Als Herbert von Karajan einst in Salzburg «Falstaff» und «Il trovatore» auf die Bühne brachte, warf man ihm vor, gegen den «Geist» der Festspiele zu verstoßen. Tempi passati: Als Anna Netrebko im August an der Salzach für die Titelpartie einer konzertanten Aufführung von Puccinis «Manon Lescaut» auftauchte, wurde auf dem Podium des Großen Festspielhauses ein kleines Wohnzimmer frei gemacht für die weit ausladende, kristallbestickte Robe der Diva – als ob die Festspiele wieder nach einer im Starkult sich erfüllenden Symbiose von Kunst und Kapital suchten.
Für dessen Zinsen soll nun der Mitschnitt ebenso sorgen wie die kurz zuvor unter dem Titel «Verismo» veröffentlichte CD; diese enthält bereits den vierten Akt der Oper: zwar unter einem anderen Maestro, dem differenzierter dirigierenden Antonio Pappano, aber mit demselben Partner: Yusif Eyvazov.
Dass der aserbaidschanische Tenor neuer Ehemann der Primadonna ist, wurde kritischer kommentiert als seine ungelenke Darbietung von Des Grieux’ «L’amor ... Tra voi belle». Vermutlich hätte der junge Franzose Benjamin Bernheim, der sich in der ersten Szene als Edmondo glänzend in Szene setzt, die kurze Arie eleganter ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Januar 2017
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 24
von Jürgen Kesting
Die Zukunft seiner Zunft hatte der Fotograf Hans Böhm klar vor Augen: Szenenfotografien aus dem Theater, schwarz-weiß, gut belichtet, gestochen scharf, während der Probe aus dem dunklen Zuschauerraum heraus geschossen. Noch vor Kurzem war das undenkbar, aber jetzt, im Herbst 1924, machte die Dresdner Firma Ernemann Reklame für eine neuartige Kamera: die...
Eine posthume Entmannung ist für gebildete Hanseaten zumindest auf der Bühne offenbar verkraftbar. «Aber einfach nur so», die Dame im Theaterlokal macht eine elegante Bewegung, «das hätte gereicht.» Musste die Trophäe auch noch beim Gruppenselfie präsentiert werden, für das eine Frauenkampftruppe im Büro des Polizeichefs posiert? Diesmal hat Tosca den bösen...
Zu fragmentarisch ist Welt und Leben, / Ich will mich zum deutschen Professor begeben; / Der weiß das Leben zusammenzusetzen, / Und er macht ein verständliches System daraus. / Mit seinen Nachtmützen und Schlafrockfetzen / Stopft er die Lücken des Weltanbaus.» Ohne anklägerisches Pathos hat Heinrich Heine, grimmig ironisch, die große Vergeblichkeit skizziert,...