Mutterflucht

Marschner: Hans Heiling Wien / Theater an der Wien

Geboren wurde er im August, da das Licht flirrend hell ist und scharfe Schatten wirft. Doch Heinrich Marschner (1795–1861) lebte, als wandelte er stets im Novembernebel; er litt, schreibt Oskar Bie, an seinem Wesen, seiner Liebe, seinem Amte, an seinen Prinzipien und seinen Werken. Marschners Leben und Charakter habe sich, von ferne gesehen, wie ein dunkler Spiegel der Helden seiner Bühnenwerke ausgenommen. Dämonen sie alle, die sich ihres unterirdischen Wesens bewusst wären und in allem Überirdischen kein Glück
hätten.



So – nach eigener Einschätzung – wohl auch Marschner. Er verbrachte beinahe die Hälfte seines Lebens als beamteter Hofkapellmeister in Hannover und blickte mit neidischer Glut auf den jüngeren Richard Wagner, dem jene Aufmerksamkeit zuteil wurde, die seiner Meinung nach eigentlich ihm gebührte. Und doch war er so etwas wie der Prophet, der den sächsischen Opernheiland vorbereitete; sein «Hans Heiling» (1833) etwa gilt als das missing link zwischen dem Freischützen Webers und Wagners Verdammtem der Meere, weist janusköpfig in beide Richtungen. Liedhafte Melodik mit durchaus italienischer tinta trifft auf expressionistischen Gestus. Manch harmonische Wendungen sind ...

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Opernwelt November 2015
Rubrik: Panorama, Seite 52
von Gerhard Persché

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