Jetzt erst recht

Wer sich auf Opernentdeckungsreise durch Thüringen und Sachsen begibt, stößt auf eine paradoxe Mischung aus Sparauflagen, Personalnot und künstlerischer Vitalität. Viele ­Häuser sind substanziell gefährdet – obwohl sie vorbildliche Arbeit leisten und immer wieder Mut zum Wagnis zeigen. So bringt Gera zum ersten Mal seit der Uraufführung 1913 Walter Braunfels’ «Ulenspiegel» auf die Bühne, traut sich Plauen an die nahezu ­unbekannte Erstfassung von Verdis «Maskenball», während Chemnitz mit Nicolais «Die Heimkehr des Verbannten» ein veritables Meisterwerk ausgräbt. Uwe Schweikert hat sich für «Opernwelt» vor Ort umgesehen und umgehört.

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Immer wieder haben in den letzten Jahren die Theater in den neuen Bundesländern für Schlagzeilen gesorgt. Besonders in Thüringen und in Sachsen grassiert die Angst vor dem Theatertod – Fusionen, Spartenschließungen, Einsparungsdebatten und Subventionskürzungen sind Stichworte, die auch in den Spalten dieser Zeitschrift mit großer Regelmäßigkeit auftauchen.

Dass die der Finanznot der Städte und Länder geschuldeten Strukturveränderungen nicht nur mittelfristig, sondern auch langfristig zu weiteren schmerzhaften Kürzungen führen könnten, darauf hat jüngst der Erfurter Intendant Guy Montavon aus Anlass seiner Vertragsverlängerung bis zum Jahr 2017 hingewiesen: sich nämlich jetzt schon Gedanken darüber zu machen, was passiert, wenn 2019 der Solidarpakt II und mit ihm die Förderung der neuen Bundesländer aus Steuermitteln ausläuft.

Dabei steht der gebürtige Genfer Montavon, der seit 2002 die Oper Erfurt leitet, noch günstig da. Mit seinem Haus im 2003 eröffneten Neubau, einer der modernsten Spielstätten in Europa, wäre er gern in der Bundesliga der Theater vertreten. Gediegenheit und Fortune attestiert ihm selbst die lokale Presse. Er hat beachtliche Erfolge vorzuweisen – nicht zuletzt ...

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Opernwelt März 2011
Rubrik: Im Focus, Seite 18
von Uwe Schweikert

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