Aushalten, Haushalten, Durchhalten
Herr Holender, Sie haben einmal gesagt, Operndirektor sei kein Beruf, sondern eine Situation, in die man gerät. Ist ein Operndirektor jemand, der nicht weiß, welchen Beruf er verfehlt hat?
In gewissem Sinn schon. Denn man kann diesen Beruf nirgends lernen. Wer wird denn Operndirektor? Da sind einmal die Sänger am Ende einer Karriere, weil sie sich auskennen im Theaterbetrieb. Aber gelernt haben sie das Singen – und nicht, wie man so einen Betrieb führt. Dann sind es berühmte Dirigenten, was hier in Wien lange Zeit Gültigkeit hatte, denken Sie an Mahler, Böhm, Karajan, Maazel.
Aber auch sie haben in erster Linie gelernt, zu dirigieren und nicht ein Haus zu führen. Komponisten wurden ebenfalls herangezogen, und – was beinahe das Schlimmste ist – Regisseure, die dann viel am eigenen Haus inszenieren. Noch schlimmer ist der in jüngster Zeit sich nicht nur in Amerika, sondern mehr und mehr auch in Europa häufende Brauch, Menschen zu Operndirektoren zu berufen, weil sie gute wirtschaftliche Beziehungen haben und zusätzliches Geld lukrieren können.
Vor Ihrem Eintritt in die Direktion der Staats- und Volksoper waren Sie einflussreicher Sängeragent. In manchen Zeitungsartikeln nannte man ...
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Wenn man als Operndirektor eine junge Sängerin, die im internationalen Geschäft noch keinen Namen hat, mit der Titelpartie in Puccinis «Madama Butterfly» betraut und davon überzeugt ist, dass sie diese Partie nicht nur am Premierenabend, sondern im Laufe der Saison zwanzigmal singen und spielen kann, wird einem von verschiedener Seite viel Mut zum Risiko...
Gegen Ende seiner Dienstzeit wurde Ioan Holender gefragt: «Sie sind in Österreich bekannter als die meisten Regierungsmitglieder – liegt das an der Position des Staatsoperndirektors, oder liegt es an Ihrer Persönlichkeit?» Seine Antwort: «Es liegt an den Regierungsmitgliedern». Natürlich war das kokett. Aber die Fragestellung ist keineswegs abwegig, denn der...
Herr Metzmacher, im Programmheft zur Salzburger Uraufführung von Wolfgang Rihms «Dionysos» beschreiben Sie Ihren ersten, vorsichtigen Kontakt mit der neuen Partitur. Wovor haben Sie in einer solchen Situation am meisten Angst?
Vor gar nichts. Ich bin nur neugierig. Im Falle von «Dionysos» kam die Partitur schubweise. Es war jedes Mal sehr spannend zu sehen, wie sich...