«Ich bin eine idealistische Realistin»

Was ihre Gesangstechnik betrifft, zählt Krassimira Stoyanova zu den versiertesten Sängerinnen unserer Zeit. Trotz randvollen Terminkalenders klingt die Stimme stets frisch. Ihre künstlerische Heimat ist die Wiener Staatsoper.

Opernwelt - Logo

Es ist Juli in Wien, das Thermometer erreicht Rekordhöhen. Auf dem Weg zu unserem Treffpunkt, dem Café Landtmann gegenüber dem Burgtheater, suche ich den Schatten, so gut es geht, und denke an Albert Camus: «Die Hitze legte sich mit ihrem ganzen Gewicht auf mich und stemmte sich mir entgegen. Und jedes mal, wenn ich ihren heißen Atem auf dem Gesicht fühlte, biss ich die Zähne aufeinander, ballte die Fäuste in den Hosentaschen und spannte mich, um über die Sonne und den dunklen Rausch, den sie über mich ergoss, zu triumphieren.

» Dann kommt Krassimira Stoyanova, von den Temperaturen offenbar unbeeindruckt, leicht und entspannt, völlig unprätentiös, ohne jede Spur von geballten Fäusten. Diese Selbstverständlichkeit scheint typisch für diese Sängerin: So singt sie auch, selbst in mit Auftritten voll gepackten Wochen. Was hier wie Schwärmerei klingen mag, ist eine pragmatische Feststellung: Ich habe die Stoyanova noch nie angestrengt, müde klingend erlebt, sondern stets technisch souverän, mühelos auf der Luft phrasierend.

Auf ihre Technik angesprochen hält sich die Bulgarin bedeckt. Man gewinnt den Eindruck, dass sie so privat wie möglich bleiben möchte, nicht aus Marotte, sondern aus ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt September/Oktober 2010
Rubrik: Portrait, Seite 54
von Gerhard Persché

Vergriffen
Weitere Beiträge
Editorial

Endlich einmal sagt es einer. So einfach, wie er es sagt, ist es zwar nicht. Aber immerhin. Während der Bayreuther Festspiele 2010 gab Jonas Kaufmann, der als Lohengrin dort einen großen persönlichen Erfolg feierte, der Deutschen Presseagentur ein Interview. Darin nahm er seine Kollegen in Schutz und meinte, es gebe «keine Krise des Wagner-Gesangs»: «Das Geheimnis...

Holocaust in den Seelen

Die Kammeroper «Pnima» war die herausragen­de Produktion der Münchener Biennale für Neues Musiktheater im Jahr 2000, sie wurde in der Kritikerumfrage dieser Zeitschrift zur «Uraufführung des Jahres» gewählt. Der ethisch und ästhetisch hoch riskante Versuch der 1957 geborenen israelischen Komponistin Chaya Czernowin, die Judenvernichtung durch die Nazis, genauer:...

TV-Klassiktipps

PROGRAMMTIPP: 20 Jahre arte

Vor zwanzig Jahren entstand arte dank des Entschlusses von zwei Staatsmännern und zwei Ländern, den Grundstein für ein europäisches Kulturfernsehen zu legen. Es war ein historischer Wendepunkt: die Zeit der deutschen Wiedervereinigung. Und die nach dem Krieg begründete deutsch-französische Partnerschaft war eine wesentliche Unterstützung...