Auf der Überholspur

Publikumsliebling Robert Meyer hat an der Wiener Volksoper Erfolg: Zum Saison-Finale gibt es Mozarts «Entführung» – mit makabrem Schluss

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C-Dur gilt als die Neutrale zwischen den Tonartenkreisen, als jene Skala, die keine bestimmte emotionelle Haltung einnimmt, sondern eher äußerlichen Glanz verkündet. Bei Mozart wirkt sie oft auch wie die Decke, die beschönigend über häusliche Unordnung geworfen wird, wenn Besuch kommt. Etwa im Finale von «Così fan tutte», da die verstörten Paare sich mühen, den Status quo zumindest nach außen hin wieder herzustellen. Oder am Schluss von «Die Entführung aus dem Serail», beim Chor zum Lob des Bassa, der eine emotionell ungelöste Situation übertüncht.



Sascha Goetzel, Dirigent der Neuproduktion an der Wiener Volksoper, nimmt diese Nummer (mit den im Graben platzierten Chormitgliedern) bewusst hart und grell, während Regisseurin Helen Malkowsky die Schraube noch um eine Windung weiterdreht und für eine überraschende Schlusswendung sorgt: Osmin, der zwar das «Wer so viel Huld vergessen kann» mitgesungen, dann aber auf seinem «Erst geköpft, dann gehangen» bestanden hatte, wirft dem Bassa die blutigen Kleider der hingerichteten Europäer vor die Füße.

Was will uns diese makabre Pointe sagen? Dass man dem Wort eines Orientalen niemals trauen darf, vor allem, wenn dieser seine Ehre zu wahren ...

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Opernwelt August 2010
Rubrik: Magazin, Seite 68
von Gerhard Persché

Vergriffen
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