Töte deine Träume
Nur zwei Zitate im Programmheft braucht es, um Susanne Øglænds «Eugen Onegin»-Inszenierung in Weimar zu verstehen: Das erste ist das Wort Oscar Wildes, nach dem «das Leben die Kunst weit mehr nachahmt als die Kunst das Leben». Ergänzend dazu Woody Allens «Das Leben imitiert nicht die Kunst, sondern schlechtes Fernsehen». Womit nicht gesagt sein soll, dass sich die junge norwegische Regisseurin vorrangig von zweifelhaftem TV-Genuss inspirieren ließ. Aber sie stellt das Zitathafte im Leben von Onegin, Tatjana und Lenski in den Mittelpunkt.
Dabei greift sie auf Eigentümlichkeiten des Puschkin-Textes zurück: Die Protagonisten seines Stückes haben ihre Gefühle nur ausgeliehen. Wenn etwas Entscheidendes in ihren Leben geschieht, nennen sie fast reflexhaft ein literarisches Vorbild; eigene Gefühle entstehen aus dem mehr oder weniger glücklichen Nachahmen von Vorgefundenem. Um die häufigen Ausflüge in solche Traumsphären von der Realität eines derben Veranstaltungssaales abzugrenzen, führt die Drehbühne die Figuren immer wieder zu einer Tapetenwand, vor der es sich herrlich duellieren oder in Waldprojektionen umherirren lässt.
Das schließt die Nahtstellen der Oper zusammen. Und es macht den ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Herr Decker, im Vorwort des neuen Ruhrtriennale-Programmhefts schwärmen Sie von der magischen Atmosphäre der alten Industriearchitektur. Nun denkt man bei Gebläse- und Maschinenhallen erst mal nicht an das Schwerpunktthema des Festivals: den Islam.
Man muss sich vergegenwärtigen, wo diese Hallen stehen. Das Ruhrgebiet ist eine Region, die stark durch Migration...
Noch bevor der erste Ton der neuen «Meistersinger» an der Welsh National Opera (WNO) zu hören war, platziert Richard Jones die Botschaft seiner Inszenierung: Auf dem Vorhang sieht man eine gewaltige, im Sergeant-Pepper-Stil gestaltete Collage mit Porträts deutscher Künstler aus vier Jahrhunderten. Das Spektrum reicht von Bach und Beethoven bis Bausch, Berghaus und...
Vorweg: Lassen Sie sich durch das Cover-Foto nicht irre machen! Die lettische Mezzosopranistin Elina Garanca ist anders und besser als ihre PR, die sie offenbar als erotische Ikone für eine männliche Zielgruppe 70+ vermarkten will. Ihr neues Album, das ihre viel gelobte Carmen ins Umfeld spanischer und von Zigeunermelodik inspirierter Musik stellt, weist sie als...