Kienzl: Der Evangelimann
Heutzutage ist Wilhelm Kienzls einst erfolgreicher «Evangelimann» eine echte Rarität. Dabei hat der Zweiakter um den kinderchorverstärkten Hit «Selig sind, die Verfolgung leiden» durchaus musikalische Qualitäten. Von dialogischer Klangrede über das atmosphärische Streicherweben bis hin zu den singspielhaften, gar operettigen Anklängen der Kegelszene werden die Facetten des Stücks in Chemnitz unter Eckehard Stiers umsichtiger Leitung der Robert-Schumann-Philharmonie auch deutlich.
Zudem kann man dort nicht nur die beiden Brüder überzeugend besetzen: In den großen Lebenszusammenfassungen im zweiten Akt steigert sich Edward Randall als Mathias beziehungsweise Evangelimann zu einer Eloquenz von Rom-Erzählungs-Format, vor allem aber Dietrich Greve gestaltet den Johannes ausdrucksstark und kraftvoll.
Eine angemessene szenische Form für die Geschichte zu finden, ist schon weitaus schwieriger. Beide Brüder lieben dieselbe Frau. Johannes blitzt bei ihr ab und zündet aus Ärger die Dorfkirche an. Aber nicht er, sondern sein Bruder Mathias muss dafür zwanzig Jahre ins Gefängnis. Martha zerbricht an dem Unglück, doch der unschuldig Eingekerkerte wird erleuchtet. Sein «Selig sind, die ...
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