Liebestod in der Zeitmaschine
«Tristan» ist in Italien, neben dem üblichen Verdi-Donizetti-Bellini-Rossini-Repertoire, ein eher selten gespieltes Werk. In Neapel war er zuletzt 1973 zu hören – Operngänger unter fünfzig, die nicht reisen, hatten ihn also noch nie auf der Bühne gesehen.
Aber selbst Heuler wie «Traviata», «Aida» oder der «Barbier von Sevilla» müssen, bei höchstens drei oder vier Neuinszenierungen in der Saison und einem winzigen Repertoire, unter Umständen Jahrzehnte auf die nächste Inszenierung warten – mit den großen Zeitabständen hängt sicher auch zusammen, dass die Neigung zu traditioneller, oft banaler Regie vorherrscht. Die Geschichte soll eben verständlich erzählt und nicht gedeutet werden. Umso mutiger, dass Intendant Gioacchino Lanza Tomasi, Sohn des «Gattopardo»-Autors Tomasi di Lampedusa, einen unkonventinellen Regisseur wählte: Lluis Pascal.
Dazu kam, dass der neue Opernchef Gary Bertini seine Visitenkarte auch mit der Werkwahl abgeben wollte. Die verheerende Kulturpolitik der gegenwärtigen Regierung verstärkt das alte Dilemma zwischen Budget-Zwängen, künstlerischem Ehrgeiz und gewerkschaftlichen Forderungen in den italienischen Opernhäusern. Manche sind am Rande des Bankrotts, die ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Es wäre ja so leicht, den Allegro-Molto-Teil der «Don Giovanni»-Ouvertüre vorzubereiten, meinte Peter Gülke auf dem jüngsten Symposion im Berliner Institut für Musikforschung. Ein dezenter Auftakt am Ende des einleitenden Andante, schlagtechnisch kein Problem. Genau das machte Furtwängler aber nicht. Er riskierte mit dem Allegro einen Neuanfang, beließ damit dem...
Schauspieler, Dramaturgen, Dirigenten, Komponisten, Cineasten, Humoristen, Psychologen, Schriftsteller inszenieren Oper. Ist der Opernregisseur jemand, der nicht weiß, welchen Beruf er verfehlt hat?
Speziell hier in England, wo die Kunst gern diesen muffigen Geruch von Amateuraufführung und Gemeindesaal annimmt, lieben wir die Quereinsteiger. Etwa, wenn ein...
Eine veritable Rakete an Farben, Geschichten, Bewegung. Abgefeuert haben sie Regisseur und Bühnenbildner Nigel Lowery und der persische Choreograph Amir Hosseinpour. Gebaut hat sie, vor fast zweieinhalb Jahrhunderten Jean-Philippe Rameau. Nachdem Lowery vor Jahren nach einer provokativen «Hänsel und Gretel»-Inszenierung beinahe aus der Stadt gewiesen worden wäre,...