«Verantwortung kennen hier die wenigsten»

Martin Kuˇsej über die Zone des Todes in «Carmen», über sein Desinteresse am ­Opernchor und Planungschaos an der Berliner Staatsoper

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Herr Kuˇsej, Sie sollten 2004 in Bayreuth «Parsifal» inszenieren und in­­szenieren nun «Carmen», von Nietzsche als Gegengift zu Wagner empfohlen. War das Ihr Wunsch?
Nein, ich habe nie Wünsche in der Oper. Ich lasse mich gern verführen von Dirigenten oder Intendanten, die glauben, dass ich das eine oder andere Stück mit ihnen machen soll. Ich hatte große Vorbehalte gegen das Stück und bin eigentlich erst durch die Gespräche mit Daniel Barenboim so richtig heiß darauf geworden.



Ist die Rezeptionsgeschichte der «Carmen» heute noch ein Problem?
Das ist ein Problem in dem Moment, wo man das Stück hört: Man legt eine CD ein, und innerhalb von drei Takten kommt alles, was man jemals über «Carmen» im Kopf hatte, gleich mit. Dann beginnt eine intensive Suche nach dem Moment, der von der Premiere überliefert ist: dass die Leute mehrheitlich sehr irritiert und verstört waren von dieser Musik und dass es damals noch keine Spur von diesem kitschigen Kaugummi gegeben hat, der sich im Lauf der Jahrzehnte über das Stück gelegt hat.

Wie sehen Sie Carmen?
Ich sehe sie als erfahrene Frau, die mit großer Leichtigkeit mit dem Tod umgeht. Das ist für mich auf jeden Fall ein Mezzo, und ich bin bemüht, auch ...

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Opernwelt Februar 2005
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Boris Kehrmann

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