Zwischen Rausch und Rauschen
Historische Mitschnitte einer Oper im Doppelpack zu vermarkten ist ein Novum. Andante naïve praktiziert dies nun erstmals mit «Fidelio» aus Wien unter Böhm (1944) und Furtwängler (1953) sowie «Falstaff» aus Salzburg unter Toscanini (1937) und Karajan (1957). So ist nur einmal der in der Produktion und für den Käufer teure viersprachige Abdruck des Librettos sowie der Einführungstext (engl./dt./frz.) nötig, der Hörer aber kommt in den Genuss eines Interpretationsvergleichs.
Doch um es vorwegzunehmen: Wer den legendären Rundfunkmitschnitt der NBC unter Toscanini von 1950 kennt, braucht nicht unbedingt die eminent rauschende und knisternde, akustisch gefährlich schlingernde, wenngleich erstaunlich hell klingende Salzburger Live-Version von 1937. So interessant der dramatische Furor gegenüber der späteren konzertanten Version auch sein mag: Wenn partiell von den Sängern gar nichts mehr zu hören ist, das Orchester dagegen immer wieder urplötzlich wie übersteuert dazwischenplatzt, dann ist das Hörvergnügen doch arg eingeschränkt, dann sind von Verdis subtiler, vielschichtiger Partitur nur noch Reste zu erleben.
Auch wer Karl Böhms spannenden «Fidelio»-Mitschnitt aus München (mit ...
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