Der Gral als Organspende
Parsifal» in einem offenen Orchestergraben: Das kann im Grunde genauso wenig funktionieren wie die «Meistersinger» unter dem Bayreuther Deckel. Mischklang und Verschleierungstaktik von Wagners letzter Partitur sind so detailliert auf die Spezifika im Festspielhaus abgestimmt, dass sie in anderen Opernhäusern automatisch verzerrt erscheinen – zur Kenntlichkeit entstellt nämlich, was in diesem Fall keineswegs positiv zu verstehen ist. Dieselbe Bayreuther Akustik, die den «Meistersingern» Mittelstimmen, Klangfülle und Glanz raubt, gehört beim «Parsifal» zur Substanz.
Daniel Barenboim hat sie in seinen fast zwanzig Sommern auf dem Grünen Hügel weidlich kennen gelernt (wobei er den «Parsifal» nur ein Jahr dirigierte). Trotzdem ist das Kunststück, das er jetzt an der Berliner Staatsoper fertig bringt, buchstäblich unerhört: «Parsifal» tönt fast so wie dort, wo Wagner ihn ausschließlich haben wollte. Der von Adorno gerühmte, abgeblendete, «in sich vielschichtige, gebrochene» Klang entfaltet seine Aura im offenen Graben, ohne dass die Klangquellen, etwa beim «Liebesmahlthema», hörbar sind. Wo sonst das Englischhorn unvermeidlich heraussticht, oder wo (wie in der ersten Verwandlungsmusik) ...
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