Einer von uns
Elends-Ambiente, die blanke Not gibt es weder in Freiburg noch in Mannheim. Beide «Wozzeck»-Inszenierungen, die von Markus Lobbes in Süd- wie die von Olivier Tambosi in Nordbaden, munitionieren sich nicht im sozialen Umfeld der Gestalten. Ihre Ortlosigkeit ist total. Gottfried Pilz’ Mannheimer Bühne ist ganz leer: Sand, nichts als Sand, ein Hauch von Zirkus, von Arena. Die Mechanismen, denen Wozzeck erliegt, werden regelrecht vorgeführt. Zwischenvorhänge erledigen das Nötigste bei den Szenenwechseln, Andreas Rehfelds sensible Führung des Lichts tut ein Übriges.
Dirk Beckers Freiburger Bühne, seitlich bis zu den Brandmauern offen, ist ganz voll – mit Tischen, Stühlen und Papierkörben in klinischem Weiß. Ein Labyrinth, aus dem Wozzeck, den ganzen Abend über zwischen allen Stühlen, nie herauskommt. Wenn er davoneilt, hetzt er von Tisch zu Tisch, hockt sich nieder, hetzt weiter, ein Getriebener, ein – wie alle – adrett gekleideter, keineswegs abgerissener Mensch.
Sein Mannheimer Kollege scheint noch viel weniger zu darben: Er trägt, ebenfalls wie alle, einen grau gemusterten Einheitsanzug. Alltagsmenschen, Normalfälle, keine Exoten. Anonyme Gestalten, die sich aus dem Parkett, ...
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Die wirkungsvollste und geschlossenste aller Verdi-Ouvertüren, die zur «Macht des Schicksals», beginnt mit sechs leeren Oktaven. Sechsmal der Ton «e» in Fagott, Hörnern, Trompeten und Posaunen. Sechsmal mit Akzent. Wenn dieses «e» unentschieden, orientierungslos geblasen wird, quasi als Unterbrechungsversuch des Parkett-Gemurmels, dann wird schnell ein schlechtes...
Covent Gardens neuer «Ballo in maschera» ist eine Mogelpackung. Oder, netter gesagt, ein gescheitertes Experiment. Auf dem Papier liest sich das noch viel versprechend, allerdings auch da nur auf den ersten Blick. Die Hauptpartien sind mit Karita Mattila, Marcelo Alvarez und Thomas Hampson luxuriös besetzt, alle drei geben ihr Rollendebüt. Und alle drei wären...
Das Berner Stadttheater zeigt nicht nur mehrere, sondern auch diametral entgegengesetzte Gesichter. Nach der an Peinlichkeiten reichen Produktion von Catalanis «La Wally» (OW 4/2005) in der Regie von Renata Scotto nun also Peter Eötvös’ Tschechow-Oper «Tri sestri» in einer schlichten, aber überaus luziden, eindrucksvollen Inszenierung.
Dass man mit diesem Werk ein...