Das lange Sterben
Peter Mussbach macht es uns mit seiner «Traviata»-Sicht nicht leicht, schlimmer: Er langweilt uns. «Diese Straße muss ich gehen» – winterreisenhaft erleben wir eine metaphorische Reise in den Tod, hier als Autofahrt, klischeehaft banalisiert, unter anderem durch eine Titelfigur im Monroe-Look. Gewiss, auch die Monroe war am Ende ihres Lebens eine Art Todesengel, und vielleicht hat für Mussbach gar die Todesfahrt der Lady Di als Ideenimpuls hergehalten.
Wer weiß? Fragen wir lieber: Was macht er aus den kleinen Psychologisierungen, die das Stück prägen? Dazu fällt dem Ex-Psychiater Mussbach nicht viel ein. Mag diese Inszenierung, die im Sommer 2003 beim Festival von Aix-en-Provence mitgeschnitten wurde, aber bereits an der Berliner Staatsoper (mit völlig anderer Besetzung) Premiere hatte, zwar einige kluge Gedanken zum Thema Sterben bieten, und mögen auch einzelne Bilder hohe Eindringlichkeit besitzen, überzeugen kann dieses Konzept nicht.
Musikalisch hat die Aufführung klarere Argumente parat, vor allem Matthew Polenzani, der einen flexiblen, weichen, fast dahinschmelzenden Alfredo singt; warum Zeljko Lucic besonders im italienischen Repertoire geschätzt wird, zeigt er als ...
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Keinen Zweifel lassen der kanadische Dirigent Yves Abel und Stephen Medcalf, in vielen Inszenierungen ein Meister der psychologisch raffinierten Aussparung, an der Brutalität der Novelle Mérimées, die von Bizet keineswegs in jenen süßlichen Kitsch pseudospanischer Folklore übersetzt wurde, wie eine lange (schlechte) Tradition es gern sieht. Bizet komponiert Szenen...
Das Théâtre du Grand Saint-Jean bringt eine Prise Glyndebourne nach Aix. Zwanzig Autominuten vor der Stadt liegt ein idyllisches Landgut, man promeniert unter alten Alleen und kann vor der Aufführung picknicken. Gespielt wird im Innenhof, dessen maroden Charme Ivan Theimer in seine Ausstattung des «Barbiere di Siviglia» einbezieht. Fünf verschiebbare Wände genügen...
Eine Mikrofonstimme hatte James King, der in diesem Jahr achtzig Jahre alt wurde, nie. Wer live erlebt hat, wie er etwa die große Szene des Kaisers in Strauss‘ «Frau ohne Schatten» aufbaute und steigern konnte – und zwar steigern im Sinne einer immer intersiver sich im Raum ausbreitenden, unforcierten Klangfülle –, der weiß, dass ein Mikrofon dergleichen nie...