Literarische Liebe
Manchmal weiß man schon nach wenigen Sekunden, wie musikalisch ein Regisseur, eine Regisseurin ist. An diesem Abend in Magdeburg, der voller musikalischer Zweifel steckt, weil das von Alexander Steinitz geleitete Orchester einen rabenschwarzen Tag erwischt hat, genügt die Ouvertüre, um solches festzustellen. Vorne, vor dem noch geschlossenen Vorhang, sitzen Menschen auf Stühlen und warten: eine Situation wie aus einem Tschechow-Stück.
Die Ouvertüre, darin die Gattung dieser Oper («Lyrische Szenen») bereits beglaubigt wird, erzählt von den Sehnsüchten dieser wartenden Frauen, von der Vergeblichkeit dieser Sehnsucht. Ja, fast könnte man sagen: Diese Ouvertüre erzählt schon die ganze Geschichte.
Die Hoffnungs- und die Seufzermotive, die einander gegenüberstehen, gemahnen daran. Und Vera Nemirova lässt dies nicht ungeschehen an den Figuren vorüberziehen. Jedesmal, wenn das Hoffnungsmotiv aufscheint, ein aufsteigendes Melodiefragment, erheben sich die Frauen. Um sich, beinahe im gleichen Moment, wieder zu setzen, gemeinsam mit dem Erklingen des abwärts geführten Seufzermotivs. Die Grundtendenz des Abends ist damit konstituiert. Und wird – was der Spannung nicht abträglich ist – in den ...
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Gleich zu Beginn dieser Oper kracht es gewaltig. Und die Dresdner Staatskapelle, viel gerühmt für ihre Spielkultur bei Musiktheaterwerken der Moderne, beweist Sinn für Gegensätze. Eindrucksvoll, wie sich Verdis wuchtige Erschütterungen schon im Vorspiel mit unbeschwert lapidaren Momenten mischen, wie sich heroisches Pathos und unheilig-vorgetäuschte Nüchternheit...
Wieder, wie schon bei seiner letztjährigen Bremer «Turandot», vertraut Peer Boysen auf die Ausdruckskraft seiner exzentrischen Kostümentwürfe, wieder führt er die Personen mehr stilisiert als realistisch und erzielt damit bei Janáceks «Katja Kabanova» womöglich noch stärkere Wirkungen. Die Kabanicha, unfreiwillige Drahtzieherin des tragischen Geschehens, erscheint...
Nicht erst die Pisa-Studie hat Finnland an die Spitze gebracht, auch der seit dreißig Jahren anhaltende, die Komposition breitenwirksamer zeitgenössischer Oper betreffende Boom ist in diesem Land mit seinen gerade mal fünfeinhalb Millionen Einwohnern bemerkenswert und wird zunehmend auf Bild- und Tonträgern reflektiert – ausschließlich von fast immer exzellenten...