Stationendrama oder Traumspiel?
Vielleicht ist «La forza del destino» – obgleich nach dem spanischen Drama «Don Álvaro, o la fuerza del sino» von 1835 komponiert – Verdis radikalste Shakespeare-Oper: Einheit von Ort und Zeit sind aufgebrochen wie nie im Werk dieses immer wieder nach neuen Lösungen suchenden Komponisten. Dralle, burleske Massenszenen wechseln mit hohem tragischen Ton; inbrünstiges Gebet, klerikale «Maledizione!»-Attacken wie in einem Autodafé durchdringen sich mit Kriegsbegeisterung, und das auf nur wenigen Takten.
Komische Figuren stehen dem Schicksal des klassischen Terzetts von Sopran, Tenor und Bariton gegenüber, aber auch ein Bass erhält erstmals eine tragende Rolle. Selbst die zeitliche Ausdehnung des Werks wurde im ganzen Œuvre nur noch von «Don Carlos» übertroffen, den Verdi kurz nach der 1862 uraufgeführten «Forza» konzipierte.
Wie kann ein Regisseur diesem Konglomerat widerstrebender Kräfte beikommen? Historisierend oder stilisierend? Einheit in der Vielschichtigkeit anstrebend oder das Disparate gegeneinander stellend? Das Problem beginnt schon mit der Wahl der Fassung. Soll man die Version der Petersburger Uraufführung spielen, mit einem knappen Vorspiel, einem Ansatz, der Ernst ...
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Gleich zu Beginn dieser Oper kracht es gewaltig. Und die Dresdner Staatskapelle, viel gerühmt für ihre Spielkultur bei Musiktheaterwerken der Moderne, beweist Sinn für Gegensätze. Eindrucksvoll, wie sich Verdis wuchtige Erschütterungen schon im Vorspiel mit unbeschwert lapidaren Momenten mischen, wie sich heroisches Pathos und unheilig-vorgetäuschte Nüchternheit...