Doppelbödig
Dass die vom Genre der Opéra-bouffe vorgesehene Rettung des Paares aus aussichtsloser Einkerkerung gelingt, liegt an einem alten Gefangenen, der sich seit zwölf Jahren mit einem Messerchen einen Tunnel in die Freiheit gräbt: Im genau richtigen Moment hat er sich nun in die Zelle der Périchole und ihres Piquillo durchgewühlt. Es fehlten, sagt er, bloß noch zwölf weitere Jahre Grabung bis nach draußen.
Worauf warten wir, wir sollten keinen Moment verlieren, sagt er, aber dann findet die mit allen Wassern des Überlebenstrainings auf der Straße gewaschene Straßensängerin Périchole eine schnellere List und wickelt den vor Begehren blinden Vizekönig einmal mehr um den Finger. Als er nach dem Vortrag eines Lieds über die clemenza des hier eher kindsköpfigen denn ernsthaft gemeinten Potentaten Augustus (dem Lionel Lhote sängerische Würde verleiht), die Liebenden begnadigt, muss der alte Gefangene allein zurück ins Loch, nur weil ihm das Vergehen nicht mehr einfällt, dessentwegen er einst eingesperrt wurde. Anzunehmenderweise gab es gar keines.
Das gibt einen kleinen Lacher her vor dem finalen, allgemeinen Can-Can-Getümmel inklusive Einladung zum Mitklatschen. Es wirft aber auch einen ...
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Opernwelt Februar 2025
Rubrik: Panorama, Seite 40
von Holger Noltze
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