Hochseilakte
Wie kein Komponist vor ihm und kaum einer nach ihm hat Mozart in den drei Da-Ponte-Opern Kunstfiguren geschaffen, die zugleich wirkliche Menschen sind. Die Musik enthüllt ihre tiefsten, ja ganz und gar abgründigen Emotionen und verortet sie dennoch in den sozialen Spannungen der patriarchalen Gesellschaft. Golda Schultz wagt in ihrem ersten Opern-Recital den vokalen Hochseilakt, die außergewöhnlichen Charaktere von Mozarts Frauen in ihrer ganzen Bandbreite allein mit der Stimme auf die imaginäre Klangbühne einer CD zu bannen.
Mit ihrer klangvollen, in allen Registern ausgeglichenen Stimme, ihrem runden, tragenden Ton, der mühelos im ebenmäßigen Legato wie in den virtuosesten Koloraturen und Läufen anspricht, verfügt sie technisch über alle Voraussetzungen für den Mozart-Gesang. Entscheidend freilich ist die vokale Phantasie und gestalterische Kraft, mit der Schultz die zentralen Arien von Susanna, der Contessa, Donna Anna und Donna Elvira sowie Fiordiligi angeht und dabei in einer Mischung aus Leichtigkeit und Pathos unverwechselbare Gestalten schafft.
Das Accompagnato-Rezitativ und Donna Annas Rache-Arie gestaltet sie mit einem über die Zeiten hinweg an Lilli Lehmann erinnernden ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt November 2024
Rubrik: CD, DVD, Buch, Seite 34
von Uwe Schweikert
Das Solo des Englischhorns tönt hier so hell, klar und schlank aus dem Graben, als wolle es das «Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande» hervorrufen. Doch keine Pastoral-Idylle einer nie geschriebenen zweiten Oper Ludwig van Beethovens wird von diesem imaginären, Schalmei blasenden Hirten im dritten Aufzug mit Klängen gemalt. Tristan identifiziert...
Die sicherste Bank des demissionierten Wiesbadener Staatstheater-Intendanten Uwe Eric Laufenberg waren im Bereich des Musiktheaters seine guten Kontakte zu Sängerinnen und Sängern, die imposante Besetzungen in die hessische Landeshauptstadt brachten. Das überdeckte einiges, etwa den Umstand, dass zwei Generalmusikdirektoren, Zsolt Hamar und Patrick Lange, vorzeitig...
Es ist nur eine winzige Unachtsamkeit, scheint aber im Fall von Kurt Weill nachgerade symbolischen Charakter zu besitzen: Sein Grabstein auf dem konfessionsneutralen Friedhof Mount Repose in Rockland County, Bundesstaat New York, ziert der Choral «Bird of Passage» aus Weills letztem Bühnenwerk «Lost in the Stars» von 1949, doch eben da entdeckt man den (kaum...