«Dieses junge Mädchen ist ein Teil von mir»

Opernsängerin war für Elisabeth Teige lange kein Traumberuf, sondern etwas Fremdes. Inzwischen ist die norwegische Sopranistin Spezialistin für die eigensinnigen, unangepassten Opernheldinnen. In Bayreuth zählt sie als Senta und Elisabeth schon zum Stammensemble. Ein Gespräch über Grenzerfahrungen, Männer-Bilder, Obsessionen und zu hohe Absätze

Opernwelt - Logo

Frau Teige, wie ist es, Teil der Bayreuther Kult-Crew im «Tannhäuser» zu sein?
Ich glaube, das ist wohl nicht nur die gegenwärtig populärste, sondern zugleich die beste Produktion, die derzeit in Bayreuth läuft. Und sie wird Jahr für Jahr weiterentwickelt. Als ich 2023 erstmals dabei war und die Proben starteten, hatte ich großen Respekt davor. Das übte Druck aus. Im vergangenen Sommer saß ich in der Garderobe, als die Ouvertüre gespielt wurde.

Plötzlich hörte ich Applaus und war sehr verwundert – aber es waren die Momente, als das Bild des verstorbenen Stephen Gould eingeblendet wurde. Was für eine berührende Idee. Ich glaube, viele haben geweint.

Sie müssen als Elisabeth in dieser Inszenierung sehr weit gehen. Im dritten Akt gewährt diese Frau Wolfram eine Art Gnaden-Sex. Ist das ein darstellerischer Grenzgang für Sie? Oder sind Sie noch längst nicht an Ihre szenischen Limits gekommen?
Diese Inszenierung finde ich für mich gar nicht so extrem. Aber was ich, wie die meisten Kolleginnen auch nie tun würde: nackt auf die Bühne gehen. Wer will so etwas sehen? Wozu braucht es das? Ich glaube, dass es trotzdem keine allgemein gültigen Limits gibt. Es hängt von der Sängerin, vom Sänger ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt November 2024
Rubrik: Interview, Seite 40
von Markus Thiel

Weitere Beiträge
Plädoyer für eine ästhetische Kontinuität

Es ist nur eine winzige Unachtsamkeit, scheint aber im Fall von Kurt Weill nachgerade symbolischen Charakter zu besitzen: Sein Grabstein auf dem konfessionsneutralen Friedhof Mount Repose in Rockland County, Bundesstaat New York, ziert der Choral «Bird of Passage» aus Weills letztem Bühnenwerk «Lost in the Stars» von 1949, doch eben da entdeckt man den (kaum...

Apostel der anderen Avantgarde

Der korpulente, sein kindlich-treuherziges Antlitz hinter einem Rauschebart verbergende Leif Segerstam unterschied sich schon rein äußerlich von allen anderen Meistern des Taktstocks; die Ähnlichkeit mit Brahms wurde von den Plattenlabels höchst dankbar ausgeschlachtet, US-Amerikaner sahen Santa Claus in ihm, und wer sich in Finnland ein wenig auskannte, den...

Flucht in eine andere Welt

Die Programmwahl schmeckt nach einem Geschenk für den GMD. Einmal weg von der kleineren Dimension am mittleren Haus, endlich das «große» Ding drehen. Kompromisse? Egal, Augen zu und durch die Partitur hindurch. Genau das ist im Theater Regensburg nicht passiert. «Tristan und Isolde» mag dort für hochgezogene Augenbrauen sorgen, treibt aber dennoch einige...