Die Liebe in den Zeiten des Kriges
Da ist er wieder, der König mit den zwei Körpern. Nicht dauerhaft, aber immer dann, wenn es eng wird, wenn es darum geht, den Gang der Dinge zu beeinflussen, geistert ein maskierter Mann um Idomeneo herum, erst stumm, mit wild-dämonischem Gebaren, später auch als Kommentator. Ein bisschen Mephisto, ein bisschen Derwisch, ein bisschen tanzaffiner Narr, jedenfalls kein besonders guter Einfluss für den Herrscher von Kreta, der sich mit den Göttern angelegt hat und nun dafür bestraft wird. Es gibt wohl nichts Schlimmeres, als das eigene Kind opfern zu müssen.
Doch ist dies ja nicht der erste Fall in der griechischen Tragödie – die arme Iphigenie kann mehr als nur ein Lied davon singen.
In Alexander Nerlichs etwas bemüht-behäbiger Inszenierung von Mozarts Dramma per musica am Staatstheater Mainz gibt es sehr bald keinen Zweifel mehr daran, wer hier, wie es später ja auch im Libretto wörtlich heißt, «die Schuld trägt». Es ist der kriegerische König von Kreta, und dafür muss und wird er büßen. Nur die gängige Seria-Tradition verleiht ihm spätes Glück, das milde Walten derer, die oben im Olymp für die (Un)Ordnung zuständig sind, sorgt für ein lieto fine – zumindest was die Figuren angeht, ...
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Opernwelt November 2024
Rubrik: Panorama, Seite 46
von Jürgen Otten
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